Rückkehr der Störe

Klappt die Rückkehr der Störe in Elbe und Oder?

Vor mehr als einem Vierteljahrhundert startete das Wiederansiedlungsprogramm für den Europäischen und den Baltischen Stör in Norddeutschland. In diesem Jahr wurden nun zum ersten Mal Exemplare in der Elbe gesichtet. Doch Ausbaupläne für die großen Flüsse gefährden die Erfolge der Wiederansiedelung der beiden Störarten in Nordsee und Elbe sowie und Ostsee und Oder dramatisch. In diesem Beitrag erfährst Du mehr über die Höhen und Tiefen der Störansiedelung und warum die Rückkehr der Störe nach wie vor schwierig bleiben wird.

Europäischer Stör

Der letzte geschlechtsreife Europäische Stör in der Elbe wurde im Jahr 1985 gefangen, die letzte nachgewiesene natürliche Vermehrung in Deutschland fand im Jahr 1964 statt. Die jetzt in der Elbe gesichteten fünf laichbereiten Europäischen Störe stammen aus dem seit rund 25 Jahren laufenden Wiederansiedelungsprogramm des IGB Berlin. Es dauert 12 und mehr Jahre bis ein Stör die Geschlechtsreife erlangt. Nun kehren die ersten laichbereiten Fische aus dem Programm in die Elbe zurück. Insgesamt dürften rund 500 bis 1000 ältere Fischen aus den Besatzmaßnahmen bis heute überlebt haben.

Baltischer Stör

Auch der Baltische Stör ist Teil des Programms. Insgesamt wurden seit Beginn gut drei Millionen Jungfische in der Oder und ihren Nebenflüssen ausgesetzt. Im Jahr 2016 fing ein Angler den ersten und einzigen Oder-Rückkehrer, einen über zwei Meter langen Stör, der 7 Jahre zuvor mit 1,3 Meter besetzt wurde.

Glücklicherweise fand man in den 90ern in Kanada eine Störart, die dem ausgestorbenem Baltischen Stör genetische stark ähnelte, anders als beispielsweise europäische Störpopulationen aus der Gironde in Frankreich. Durch in Kanada produzierte Jungfische konnten also die ersten 50 Exemplare im Jahr 2007 in die Oder besetzt und somit der Grundstein der Rückkehr der Störe geschaffen werden. Mit 40 importierten Elterntieren konnte außerdem eine eigene Nachzucht aufgebaut werden. Ein Problem für die Störe in der Oder ist die Fischerei im Stettiner Haff. Anders als in Reusen, verheddern sich Störe vor allem in Stellnetzen und verenden, wenn das Netz nicht frühzeitig geborgen wird. Wissenschaftler empfehlen deshalb kürzere Kontroll-Intervalle und Fenster im Netz, die den Stören das Durchschwimmen ermöglichen.


Lebensraum und Laichgebiete der Störe

Elbe, Oder und ihre Nebenflüsse sind heutzutage wieder lebenswerte Flüsse für Störe, auch wenn es nach wie vor problematische Zustände gibt. Zum einen werden immer wieder Störe von den Elb- und Nordseefischern als Beifänge gefangen. Diese werden nach Möglichkeit aber lebend zurückgesetzt und vorsichtig behandelt. Weit problematischer sind die Aufstiegshindernisse. Zahlreiche Wehre und Stauhaltungen in den Haupt- und Nebenflüssen verhindern die Durchwanderung sowie das Entstehen von Kiesbänken, welche den Stören als Laichbett dienen. Das Wasser ist zwar ausreichend sauber, aber die Kiesbetten fehlen größtenteils und somit ist die natürliche Vermehrung kaum möglich.

Ausbaupläne gefährden Erfolg

Vor allem die Folgen der Ausbaupläne für Oder und Elbe aber werden den Lebensraum nun wieder dramatisch verschlechtern, da großflächig die Fahrrinnen vertieft und die Strecken kanalisiert werden sollen, um die Flüsse für Schubkähne schiffbar zu machen. So soll die gesamte Binnenelbe von der Grenze zu Tschechien bis nach Geesthacht auf eine Mindesttiefe von 1,40 Metern vertieft werden. Vor allem der dadurch saisonal verhinderte Anschluss an die Nebengewässer sind für die Vielfalt und Wechselwirkungen dramatisch genauso wie ständige Unterhaltungsbaggerungen. Auch steigt dadurch die Wahrscheinlichkeit der Kollision von Stören mit Schiffen, da die Störe vor allem in der vertieften Fahrrinne entlangziehen.

In der Oder soll zwischen Breslau und Küstrin an mindestens 330 Tagen im Jahr sogar ein Mindestwasserstand von 1,80 Meter sowie 20 Stauhaltungen geschaffen werden. Gerade der Oder Ausbau ist für die Fischbestände und für alle Wanderfischarten dort schlicht eine Katastrophe. Trotz enormer Widerstände auf polnischer und deutscher Seite lässt sich der Ausbau nicht mehr komplett stoppen, sondern allenfalls einschränken.

Zukunft der Störe gesichert?

Die Rückkehr der Störe in Europa könnte eine Erfolgsstory werden. England, die Niederlande sowie Italien wollen sich an den Wiederansiedelungs-Programmen zum Europäischen Stör beteiligen. Schweden, Finnland und Russland realisieren eigene Programme zum Baltischen Stör. Forschungsprojekte zwischen den Akteuren verbessern den Erkenntnisgewinn. Vermehrung, Aufzucht und Besatz der Fische funktionieren gut. Langfristig sind allerdings Anpassungen bei der Fischerei nötig. Im Besonderen muss die Sicherstellung und Schaffung der Lebensräume gewährleistet werden. Die Ausbaupläne der großen Flüsse stehen dem leider entgegen. Hier ist dringend politischer Handlungsbedarf gegeben.

 

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Dr. Jörn Gessner ist Forschungsgruppenleiter der Forschungsgruppe Wiedereinbürgerung atlantischer Störe in Deutschland am IGB

 

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