Sprungschicht in einem See

Wenn Lebensräume in Seen verschwinden



Der Klimawandel sorgt unter anderem für eine Erhöhung der Temperatur von Seen. Doch wie kommen die Lebewesen im Gewässer damit klar? Internationale Forscher haben weltweit 139 Seen untersucht und langfristige Temperaturanstiege festgestellt. Daran müssen sich empfindliche Wasserorganismen anpassen. Sie können beispielsweise auf tiefere Wasserschichten ausweichen oder ihr saisonales Vorkommen verändern. Doch wird dies allen gelingen?

Wasserorganismen sind meist wechselwarm und passen ihre Körpertemperatur der Umgebungstemperatur an. Jede Art hat dabei ihren eigenen Wohlfühlbereich, an den Stoffwechsel und Reproduktion angepasst sind und die den Aufenthaltsort im Jahresverlauf beeinflusst. Bestandteil der Untersuchung war, ob sich Lebensräume einzelner Arten durch den Klimawandel bereits verändert haben. Dafür wurden aus allen untersuchten Seen 32 Millionen Temperaturmessungen aus verschiedenen Wassertiefen analysiert und die Unterschiede zu früheren Temperaturmessungen ermittelt.

Lebensraumverluste festgestellt

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Lebensräume in den beiden Vergleichszeiträumen 1978-1995 verglichen zu 1996-2013 aufgrund der gesteigerten Temperatur im Schnitt um 6,2 % reduzierten. Besonders betroffen Arten, die sich auf bestimmte Tiefen oder Jahreszeiten beschränken, müssen sogar mit einem Lebensraumverlust von fast 20 % klarkommen. Der Erstautor der Studie, Dr. Benjamin Kraemer, befürchtet, dass vor allem spezialisierte Arten nicht ausreichend anpassungsfähig sind.

Limitierter Lebensraum See

Um mit dem Temperaturanstieg zurechtzukommen, können die Arten ihr saisonales Vorkommen und ihre Aufenthaltstiefe ändern – aber nur bedingt, denn begrenzte Ressourcen oder ökologische Wechselwirkungen können dies einschränken. Algen kommen zum Beispiel in den oberen lichtdurchfluteten Wasserschichten vor und können in tieferen Bereichen nicht leben. Fische wiederum können nicht unbesorgt in tiefe sauerstoffarme Bereiche ausweichen. Bei Wasserflöhen induzieren hingegen Temperatur und Fotoperiode den Wechsel verschiedener Überdauerungsstadien, weshalb ein saisonales Ausweichen kaum funktioniert und sich der geeignete Temperaturlebensraum reduziert. Invasive, mehr generalistische Arten wie die Schwarzmundgrundel hingegen können von veränderten Temperaturlebensräumen profitieren und damit einheimische Arten zusätzlich negativ beeinflussen. Der räumlich beschränkte Lebensraums See bietet den Organismen also weniger Möglichkeiten auszuweichen – ähnlich wie auf einer Insel – weshalb die Auswirkungen in solchen überschaubaren Lebensräumen deutlich stärker sind.

Tropen Seen besonders betroffen

Besonders betroffen von den Temperaturveränderungen sind Seen in den Tropen, weil die mittleren Temperaturveränderungen stärker ausgeprägt sind und die Lebewesen in tropischen Gewässern aufgrund eigentlich konstanterer Umweltbedingungen weniger anpassungsfähig und tolerant sind als in gemäßigteren Breiten.

Fazit

Die Veränderung der Temperaturlebensräume zeigen deutlich die Dramatik des fortschreitenden Klimawandel auf die Lebewesen und die Diversität in Seen. Verschwinden einige Arten, kann das zum Beispiel über die Nahrungskette auch Auswirkungen auf andere Arten haben, nicht zuletzt auf Fische. Dies sollten wir Angler immer im Hinterkopf behalten.

IM FORUM DISKUTIEREN

Studie: Kraemer, B.M., Pilla, R.M., Woolway, R.I. et al. Climate change drives widespread shifts in lake thermal habitat. Nat. Clim. Chang. 11, 521–529 (2021). https://doi.org/10.1038/s41558-021-01060-3 –> Zur Studie

Zur Pressemitteilung des IGB

Bild von Michael Feierabend

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