Bei Stammtischen und Foren ist Fischbesatz ein heißes Eisen und kaum irgendwo liegt so viel Sprengstoff für explosive Diskussionen. Für viele Angler ist die Lösung klar: Mehr Besatzfisch muss her. Der Sächsische Landesanglerverband zeigt in seiner letzten Verbandszeitschrift, wie komplex die Angelegenheit ist und was es beim “Auffüllen” von Gewässern zu beachten gibt:
Fischbesatz mit Köpfchen
Angelverbände wie der Landesanglerverband Sachsen sind Fischereirechtsinhaber und der LASA hat ganze 800 Angelgewässern im Programm. Neben einigem Fachwissen in der Praxis beleben heute auch Soziale Medien die ohnehin schon hitzigen Debatten und Kritiken über Vor- und Nachteile, Regelungen sowie die besten Maßnahmen für jedes Gewässer. Wie komplex ist der Fischbesatz in Deutschland aber nun und was ist zu beachten?
Bewirtschafter sind beim Besatz zur Einhaltung geltender Rahmenbedingungen verpflichtet, die bspw. von der Fischereibehörde, der Naturschutzbehörde oder vom Gewässereigentümer vorgegeben werden. Weil zudem grundsätzlich nur Wildfischbestände bewirtschaftet werden, müssen mit den Fischbesatzobleute und Gewässerwarten der Vereine separate Hegepläne für jedes Gewässer ausgearbeitet werden. Der Fischbestand muss also an das jeweilige Gewässer angepasst sein. Das bedeutet, dass alle negativen Auswirkungen ausgeschlossen werden sollten. Wie gesagt, ist der Besatz mit nicht heimischen Arten generell Verboten. Es sei denn, das Gewässer ist fischereilich bedeutend, sodass ein Besatz gerechtfertigt werden kann. Das entscheidet allerdings die Fischereibehörde. Zudem muss ein Hegeplan mit konkreten Zielen der Besatzmaßnahme vorgelegt werden.
Adaptives Bestandsmanagement
Jegliche Bewirtschaftung ist nur dann sinnvoll, wenn der Besatz und seine positiven und negativen Folgen dokumentiert, evaluiert und in künftige Management Entscheidungen einfließen. Dies wird allgemein als Adaptives Management bezeichnet. Um ein Beispiel zu nennen: Um die bei starker Eutrophierung aufkommende Algenblüte in den Griff zu bekommen, wurden zu DDR Zeiten Silberkarpfen besetzt.
Jedoch filterten diese ebenfalls erhebliche Mengen Zooplankton aus dem Wasser, das normalerweise das Phytoplankton dezimierte. Als Folge wurde die Blaualgenblüte weiter begünstigt. Heute wird vom Besatz dieser Fische ausdrücklich abgeraten. Adaptives Management von Fischgemeinschaften heißt aus Fehlern zu lernen.
- Um einen Hegeplan für ein Gewässer erstellen zu können ist zunächst der Ist-Zustand zu analysieren. Welche Fischmengen, Fischarten und Altersstrukturen kommen vor? Beim Besatz sollten nur bereits heimische Fischarten besetzt werden, die sich nicht erfolgreich vermehren und die Anzahl und Verteilung der Jahrgänge im Gewässer gibt hierüber Aufschluss. Viele Bewirtschafter verwenden hierzu Elektro Fischfangmethoden, aber auch Fangmeldungen und Beobachtungen von Anglern bieten gute Anhaltspunkte. Selbst der Nährstoffgehalt des Gewässers kann dem Bewirtschafter Aufschluss über die mögliche Fisch-Biomasse geben.
- Für den Fischbesatz ist zudem die Gewässerstruktur entscheidend: Handelt es sich um Fließ- oder Stillgewässer? Sind Totholz, Wasserpflanzen oder andere Strukturen vorhanden, die den Fischen Versteckmöglichkeiten und Laichplätze bieten? Wo dies nicht der Fall ist, steht der Besatz in Frage, da sich die Satzfische nicht etablieren und natürlich vermehren können. Weitere Besatzmaßnahmen wären vorprogrammiert und angeln könnte man nur das, was auch vorher eingesetzt worden ist. Um eine solche “put-and-take” Fischerei zu verhindern, sollten die Bedingungen für den dauerhaften Erfolg von Besatz hergestellt werden.
- Abschließend ist die typische Fischarten Gemeinschaft für das Gewässer zu ermitteln. Auf Grundlage der gesammelten Informationen erstellen die Verantwortlichen einen Hegeplan und beziehen im besten Fall Erfahrungen aus vorigen Besatzmaßnahmen ein und passen die Hege stetig an. Erkenntnis ist schließlich Stückwerk.
Nachhaltiger Fischbesatz
In der Praxis wird Fischbesatz also vorrangig zur Kompensation durchgeführt, wenn die Reproduktion der Bestände durch gestörte, fehlende oder degradierte Habitate eingeschränkt ist. Sofern die Reproduktion eines Fischbestandes funktioniert, ist vom Besatz abzusehen, weil keine Bestandssteigerung erwartet werden kann. Der Besatz mit ausschließlich fangfähigen Fischen ist weder gestattet noch sinnvoll.
Beim Karpfen sieht die Sache etwas anders aus, da diese Fischart sich in unseren heimischen Gewässern nur unter optimalen Bedingungen etablieren kann. Deshalb ist ein Besatz zum Erhalt des Karpfenbestandes grundsätzlich notwendig.
Auch das Besatzmaterial selbst ist für den Erfolg der Besatzmaßnahme entscheidend. So sollten die Satzfische aus einer möglichst naturnahen Haltung kommen, um mit den Herausforderungen des natürlichen Gewässers umgehen zu können (Nahrungssuche, Vorsicht vor Fischräubern). Auch die Flossen, Kiemendeckel sowie die Körperform sollen normal ausgeprägt sein, um einen gesunden Bestand zu etablieren und den Fischen einen guten Start zu bieten. Dabei sollten Satzfische natürlich auch nachweislich frei von Krankheiten und Seuchen sein.
Hierfür können Bewirtschafter auf als ‘seuchenfreie’ zertifizierte Zuchtbetriebe zurückgreifen. Hier eignen sich vor allem lokale Bezugsquellen, bei denen die Fische bereits auf die Wasserparameter und Keimbelastung eingestellt sind. Kurze Transportwege schonen hier den Fisch, der natürlich auch noch einigermaßen finanzierbar und passend zum Frühjahr verfügbar sein sollte. Nur dann kann die Besatzmaßnahme auch Erfolg zeigen und zur natürlichen Etablierung eines selbst reproduzierenden Bestandes Beitragen oder diesen Unterstützen.
Fazit: Fischbesatz komplexer als Gedacht
Gewässerhege ist eine komplizierte Sache bei der es nicht nur um die Angler geht, sondern ökologische Gegebenheiten das sinnvolle Handeln vorgeben. Sicherlich ist es leicht einen Fisch zu Fangen, wenn das Gewässer dicht mit Fisch besetzt wurde. Und wer derartige Gewässer sucht, dem bieten zahlreiche Angelteiche genau dies. In einem natürlichen oder naturnahen Gewässer hingegen ist diese Taktik nicht nachhaltig.