Ein Ansatz zum Aufbau und Erhalt stabiler reproduktionsfähiger Hechtbestände
und deren Auswirkungen auf Gewässerbewirtschafter
und deren Auswirkungen auf Gewässerbewirtschafter
Dass der Hecht in vielen Gewässern starkem Angeldruck unterliegt ist bekannt. Dass der Hecht durch Gewässerregulierung und Uferverbauung unter einem starken Rückgang seiner natürlichen Laichhabitate leidet ist auch bekannt. Dass sich in vielen Gewässern der Hechtbestand aber auch ohne aufwendige und kostspielige Besatzmaßnahmen dauerhaft verbessern ließe ist aber nicht überall bekannt. Die Lösung wäre das „Küchenfenster“ – das zusätzlich zum Mindestmaß ein Maximalmaß zur zulässigen Entnahme vorgibt.
„Verwerten macht genauso wie das Zurücksetzen Sinn. Aber nur der Kompromiss zwischen beiden Praktiken ist die Lösung - wir nennen es selektives Ernten, die Einzelfallentscheidung, die abhängig vom Gewässer und vom Fischbestand getroffen werden sollte.“ soweit Jan Eggers[1]
Unterhält man sich über das Thema mit Kollegen hört man, obwohl in letzter Zeit Studien das Gegenteil darlegen, immer wieder „Gründe“ warum das nicht sinnvoll wäre. Die großen Hechte fressen nur und wachsen nicht weiter ab, sind zu alt um gesunden Nachwuchs zu erzeugen und ‚last but not least’ zurückgesetzte Hechte überleben sowieso nur selten.
Ich möchte hier, relativ kompakt, einige Sachverhalte zu diesem Thema zusammenfassen.
Vergleicht man Angaben über Größe und Gewicht gefangener Hechte in Internetforen und anderen öffentlich zugänglichen Quellen so ergibt sich folgendes Bild:
Auch wenn die Zulage an Körpermasse bei einer Länge von etwa 75cm erstmal stagniert so legen kapitale Hechte von knapp unter einem Meter expotentiell zu. Es ist zwar richtig dass ein Hecht zwischen 50 und 70 cm seine Körpermasse fast verdreifacht, während ein Hecht von 95 bis 105 cm seine Körpermasse „lediglich“ verdoppelt aber es geht hier um 2.000g bis 2.500g Körpermasse gegenüber 3.000g bis 4.000g Körpermasse.
Was bedeutet das für die Betrachtung der Laichproduktion? Der Hechtrogner legt pro kg Körpermasse ca. 26.000 bis 40.000 Eier ab. Das bedeutet dass ein Rogner von etwas über einem Meter fast 7,5-mal so viele Eier ablegt als ein halb so großes Exemplar.
„In Teichexperimenten konnten wir belegen, dass die Überlebensfähigkeit der Nachkommen von Hechten bis über 100 cm ähnlich ist wie bei mittelgroßen Tieren (50 – 70 cm), während kleine Erstlaicher (30 – 40 cm) weniger überlebensfähige Nachkommen produzieren. Wenn also die Fruchtbarkeit mit der Fischlänge ansteigt, gleichsam aber die aus den Eiern schlüpfenden Hechtlein einen ähnlichen Überlebenserfolg zeigen, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass entgegen der Lehrbuchmeinung mit der Länge der Hechte deren Reproduktionsleistung (Anzahl überlebensfähiger Nachkommen im Herbst) nicht ab-, sondern zunimmt.“[2]
Wenn man jetzt noch berücksichtigt dass große Hechte früher laichen als kleinere Exemplare und damit die Gesamtzeit des Laichvorgangs einer Art sich über einen längeren Zeitraum erstreckt ergibt sich dass die Brut dieser Art wesentlich besser gegen ungünstige klimatische Einflüsse geschützt ist.
Da es innerhalb eines Genpools Exemplare gibt die schneller abwachsen und Exemplare die langsamer abwachsen wird durch eine einseitige Entnahmeregelung (lediglich Mindestmaß) der Genpool einseitig beeinflusst und dem Gewässer gezielt die schnell abwachsenden Exemplare entzogen. Dieser Effekt verstärkt sich noch durch eine Erhöhung des Mindestmaßes wie er teilweise als Schutzmaßnahme gehandhabt wird.
Die Bedeutung der kapitalen Hechte als Laichtiere ist also eminent für ein gesundes Gewässersystem. Voraussetzung ist natürlich dass Laichhabitate für den Hecht vorhanden sind, diese zu schaffen und/oder zu erhalten sollte in jedem angelfischereilich genutzten Gewässer selbstverständlich sein um eine gesunde und ökologisch ausgeglichene Fischfauna zu gewährleisten.
90% der Fische stehen in 10% der Gewässerfläche oder wie mal ein Kollege zu mir sagte: „Dat is wie beim Pilze sammeln. Es jibt’n paar Stellen da is alles voll und off’n Rest is nischt!“
Das ganze weitergedacht sollte mal jeder seine Hechtfänge mit einer Karte seines Gewässers abgleichen. Ich behaupte dass über 80% der Hechtfänge an 4 bis 5 Stellen realisiert werden. Ich bin noch einen Schritt weitergegangen und habe die Fänge nach Größe und Menge abgeglichen, dabei habe ich festgestellt dass an den Stellen wo man ziemlich gut fängt eher die kleineren und mittleren Größen an den Haken gehen. An den Stellen an denen ich die richtig großen gefangen habe konnte ich dagegen relativ wenige Fänge verzeichnen. Aber wenn dann richtig gute!
Das heißt ab einer gewissen Gewässergröße stehen juvenile und kleinere adulte Exemplare an völlig anderen Stellen als die großen kapitalen Exemplare. Die kleineren Exemplare eines Gewässers, die sich durchaus noch auf der Speisekarte der großen befinden, agieren als Lauerjäger aus der Deckung von Wasserpflanzen und anderen Einständen während die kapitalen Exemplare, als Spitze der Nahrungskette, weitgehend als Freiwässerjäger unterwegs sind. Wobei auch hier durchaus die Ausnahme die Regel bestätigt, denn „den“ archetypischen Hecht schlechthin gibt es schon mal gleich gar nicht.
Die meisten Großhechte sind meiner Meinung nach durchaus selektive Jäger die nur fressen wenn es in ihr Beuteschema passt, sowie die äußeren Bedingungen passen.
„Weiterhin wird der immense Nahrungsbedarf, den gerade die besonders häufigen halbstarken Hechte haben, meist unterbewertet. Sie haben pro Kilogramm Körpermasse eine wesentlich höhere Stoffwechselrate als die Kapitalen. So verbrauchen beispielsweise zehn Hechte mit einem Körpergewicht von jeweils einem Kilogramm insgesamt mehr Nahrung als ein kapitaler Hecht mit zehn Kilogramm.“[3]
Der Fraßdruck der kapitalen Exemplare auf die kleineren Hechte ist also bei weitem nicht so stark wie immer vermutet, andererseits verwerten diese auch größere Weißfische die sonst aus der Nahrungskette herauswachsen würden.
Was passiert mit einem Hecht, nachdem er zurückgesetzt wurde? Immer noch ist die Ansicht verbreitet dass ein einmal gehakter Fisch nur sehr geringe Überlebenschancen hat. Dem ist nicht so! Dr. Robert Arlinghaus ordentlicher Professor für „Integratives Fischereimanagement“ an der Humboldt-Universität zu Berlin hat in einer groß angelegten Feldstudie die parallel an Seen in Brandenburg und Kanada durchgeführt wurde eine durchschnittliche Sterblichkeit von 2,4 Prozent bei zurückgesetzten Hechten ermittelt. Selbst bei in den Kiemen gehakten Fischen lag die Sterblichkeit bei lediglich 25 Prozent.
Eine wesentlich höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben also Hechte die unblutig, also im vorderen Maulbereich, gehakt sind. Wer schon einmal in meine Köderbox geschaut hat, ist oft erstaunt über die teils immensen Ködergrößen die ich fische. Aus meiner Erfahrung heraus hat sich aber gezeigt dass größere Köder weniger tief geschluckt werden. Auch dies hat sich in der Studie von Dr. Arlinghaus bestätigt. „Und je kleiner der Köder, umso tiefer wurde er geschluckt und umso öfter hakte er in den Kiemen oder im Schlund. … Besonders tief saßen tote Köderfische.“[4]
Außerdem hat sich erwiesen das damit das Verangeln von untermaßigen Hechten zum teil ausgeschlossen werden kann. Untermaßige Hechte sollten wenn möglich noch im Wasser abgehakt werden.
Das zweite Argument das immer wieder gern gebracht wird ist der Stress dem die Fische beim Drill ausgesetzt werden. Hierzu liefert die Studie ebenfalls belastbares Material. „Das führte zu zwei wesentlichen Erkenntnissen:
1. Der Fang und ein Luftaufenthalt von 60 Sekunden führten dazu, dass die Fische sich zunächst desorientiert zeigten, ein typisches Anzeichen für Stress und Erschöpfung. Das Verhalten normalisierte sich jedoch bereits nach einer Stunde. Je länger der Aufenthalt an der Luft, desto stärker waren die Verhaltensanomalien. Rasches Abhaken ist also förderlich.
2. Die Hechte erholten sich von ihrer Erschöpfung durch den Fangvorgang schneller als gedacht. Nach gerade einmal sechs Stunden waren die Stresssymptome in Blut und Muskeln abgebaut. Auch eine unüblich hohe Aufenthaltsdauer an der Luft von fünf Minuten verlängerte die Erholungsphase nicht.“[5]
Wenn wir also Hechte zurücksetzen sollten wir darauf achten Köder zu verwenden die möglichst im vorderen, verhornten Maulbereich haken, den Abhakvorgang schonend zu gestalten zum Beispiel durch angedrückte Widerhaken, dem Hecht keine weiteren Verletzungen zuzufügen und den kompletten Luftaufenthalt möglichst kurz zu gestalten.
möglichst kurz zu gestalten.
Große Hechte sind also bei Weitem nicht die Fischereischädlinge als die sie teils immer noch dargestellt werden. Im Gegenteil sie verbessern den Genpool und sichern einen stabilen Bestand durch einen zeitlich verlängerten Laichvorgang. Gute Hechtbestände wiederum helfen die Weißfischbestände in Maßen zu halten und durch die dadurch verbesserte Zooplanktonpopulation die Algen. Da dadurch die Wasserqualität verbessert wird, ist es sowohl aus fischereilicher als auch aus ökologischer Sicht die Hechtbestände zu stärken. Die Küchenfenster-Methode ist also nicht nur für Fischbestand und Angelqualität wichtig, sondern für das gesamte Ökosystem des Gewässers.
[1] FISCH & FANG - Interview mit Jan Eggers/Heft 2/2003/S.53
[2] Prof. Dr. Robert Arlinghaus & Dr. Thomas Meinelt: „Warum große Hechte doch schützenswert sind“
[3] Prof. Dr. Robert Arlinghaus: „Der Hecht im Küchenfenster“ FISCH & FANG Heft 3/2012
[FONT="][4][/FONT] Arlinghaus, Klefoth, Cyrus, Doering-Arjes: „Leben nach dem Fang“ FISCH & FANG Heft 02/2013
[FONT="][5][/FONT] Arlinghaus, Klefoth, Cyrus, Doering-Arjes: „Leben nach dem Fang“ FISCH & FANG Heft 02/2013
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