Sie hat es immer schon gegeben, nur in der jetzigen Zeit nehmen wir diese plötzlich vermehrt war.
Richtig, geworben wurde schon lange, aber früher war Werbung klar vom redaktionellen Teil getrennt. Wenn du z.B. Monatsschriften anschaust, die es auch schon vor 100 Jahren gab, so findest du bis in die 70er- teilweise auch 80er Jahre hinein eine klare Aufteilung: Das eine ist journalistische Arbeit, das andere Flächen für die Werbekunden. Bei Büchern war meist die Rückseiten des Buchdeckels, auch noch die ersten oder letzten Seiten Werbefläche. Kennzeichnend war, dass für so ziemlich alles geworben wurde, was die Leserschaft konsumieren könnte, z.B. war Bier- und Schnapswerbung in einem Angelmagazin völlig normal. Genauso fanden sich darin Werbungen für Mückenschutzmittel, Angelgerätefachgeschäfte oder von Geräteherstellern.
Was hingegen nicht vorkam: Es wurde auf diese Weise nicht für ein spezielles Produkt geworben, dem die Redaktion einen ganzen Artikel gewidmet hat. Vielmehr bemühte man sich sogar eine Marktübersicht abzubilden, anstatt ein einziges Produkt als Nonplusultra zu präsentieren. Beispiel wie es heute aussieht: Man schreibt einen Artikel zu einer bestimmten Angelmethode mit Echoloteinsatz, dieser wird mit Großaufnahmen des Echolotes gedruckt, sogar auf der beiligenden DVD befindet sich (passend zum Artikel im Heft) das Echolot im Einsatz, und im Heft selber befinden sich noch 1-2 Anzeigen des gleichen Echolot-Herstellers. Warum ist das Schleichwerbung? Weil der redaktionelle Teil und das Video nicht als Werbung gekennzeichnet sind.
Nun ist es kein Geheimnis, Werbekunden können sowas inzwischen direkt buchen: Printanzeige + Artikel aus der Redaktion, evtl. sogar noch mit einem Video. Häufig findet sich sowas in "Fachzeitschriften", aber auch in überregionalen Tageszeitungen (nicht nur in der Boulevardzeitung mit den vier Buchstaben). Die Presse ist inzwischen voll davon, man muss nur genau hinsehen. Das hatte schon vor Jahren ein so imenses Ausmaß angenommen, dass sich sogar unsere heutige Verteidigungsministerin U.v.d.Leyen mit 3 Millionen Euro an Steuergeldern ungekennzeichnete Artikel in diversen Zeitungen im Rahmen einer PR-Kampagne kaufte, die ihre Familienpolitik in den Himmel lobten. Das wohlgemerkt in einer Zeit, in der Verleger und Redaktionen deutschlandweit über sinkende Auflagen genauso wundern, wie über die Floskel "Lügenpresse".
Bei Angelfachblättern kommt Werbung nicht nur so daher, wie ich es oben genannt habe, sie kommt inzwischen auch durch die zweite Hintertür, Schleichwerbung auf die unscheinbare Art. Da fallen z.B. einzelne Autoren dadurch auf, immer wieder bestimmte Produkte zu loben (quasi als Dauerzustand) und gerne mit der absolut schwachsinnigen Aussage "alles andere taugt nichts!" zu unterstreichen. Dass die jeweiligen Hersteller Daueranzeigekunden des Blattes sind, erklärt sich von selbst. Unabhängige Tests, die diese überragende Produktqualität belegen würden, gibt's natürlich überhaupt keine. Die Videos, mögen sie auch bei vielen sehr beliebt sein, ergeben fast unbegrenzte Möglichkeiten der Beeinflussung, erst recht, wenn sie möglichst unscheinbar daherkommen.
Ich schätze, dass früher der redaktionelle Teil eines Angelfachblattes mindestens 70-80% ausmachte, heute muss man die Artikel suchen, die wirklich getrennt von der Konsumwelt ("Kaufe das ein- sonst fängst du nichts!") sind. Geschätzt sind da noch 10-20% übriggeblieben, für mich ein Grund so etwas nicht mehr zu lesen. Da kann ich mir auch gleich Herstellerkataloge anschauen und meine Erfahrung zwischen gut und schlecht entscheiden lassen.