Ich bin Besitzer eines gültigen Fischereischeins und möchte nun gern von den Profis hier wissen was denn eigentlich RICHTIGES ANGELN ist???
Moin,
zunächst mal sollten wir uns darauf einigen, dass es solche und solche Angelanlagen gibt - genauso wie es solche und solche Angler gibt, egal ob mit oder ohne Schein.
Die Kritik aus dem Bericht (auch ich hatte beim lesen ein "Bildzeitungsgefühl") ist sicher punktuell gerechtfertigt, versäumt aber eine gewisse Differenzierung. Das mag damit zusammenhängen, dass der Autor im Hinblick auf den Umgang mit Tieren ein (selbsternannter) Fachmann ist - was er ja schon in anderen Artikeln und Büchern bewiesen hat. Scheinbar scheint der Autor aber unterbewußt erkannt zu haben, dass eine gewisse Entfremdung zu dem, was Angeln ursprünglich bedeutet hat, eingetreten ist. Diese Entfremdung kann man kritisieren, sollte dann aber auch über die Ursachen sprechen, was nicht passiert ist. Damit zur Antwort auf die oben zitierte Frage:
"Richtiges Angeln" - also im ganz ursprünglichen Sinn - war ein mühsames Geschäft. Kaum einer unserer Ur- Urvorfahren wird sich aus reinem Vergnügen ans Wasser begeben haben um dort seinen Spaß auszuleben. Beginnend mit der Beschaffung der benötigten Materialien über die "Anreise" bis zur Zubereitung und Lagerung des Fangs, alles war mit Arbeit verbunden. Davon ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. Würmer, Maden und Powerbait werden neben Haken, Schnur und Rute im Laden gekauft. Man kann bequem bis ans Wasser fahren und man kann es sich leisten, einen Fisch, für den man aus welchen Gründen auch immer keine Verwertung sieht, wieder zurück zu setzen.
Vielen Anglern kommt das sehr entgegen, teils aus nachvollziehbaren Gründen. Eine pauschale Abwertung würde ich persönlich daraus nicht ableiten. Eine andere Gruppe von Anglern sieht nachwievor das Ursprüngliche am Angeln und bemüht sich den "unbequemen" und möglicherweise weniger "erfolgreichen" Weg zum Fangerfolg zu gehen. Im Sinne von
Ursprünglichkeit (der Fisch schwimmt da, wo er hingehört) ist das vielleicht der "richtige Angler". Der nächste bemüht sich vielleicht ausschließlich um kapitale Fische und kann gar nicht verstehen, wie ein "richtiger Angler" sich über einen Kleinfisch freuen kann. Wieder der Nächste ... usw. usw.
Etwas komplett Anderes ist es allerdings, wenn man über die Auswüchse also über extremes Verhalten am Wasser spricht. Dazu gehört z.B ein Verhalten dem Fisch gegenüber - bedingt durch absolute Ahnungslosigkeit - das oft kriminelle Formen annimmt. Das solches Verhalten grade an Forellenteichen überdurchschnittlich oft zu beobachten ist, läßt sich ja nun nicht leugnen.
Auch die reinen C&R-Teiche bzw. die "Angler" dort haben sich von dem, was man als "richtiges Angeln" bezeichnen kann weit entfernt. Das Urteil kann man aber so nur treffen, wenn man ein Restverständnis für die Herkunft und die ursprüngliche Intention des Angelns hat.
Meine ganz persönliche Meinung zu "Anlagenanglern" sieht so aus:
Mir tun diese Leute leid, weil sie nicht wissen was sie versäumen, wenn alles was nichts mit dem reinen Fang zu tun hat, einfach ausgeblendet wird. Für mich ist der Fang eines Fisches
ein Aspekt beim Angeln - wenn auch ein wichtiger.
fofftein schrieb:
Das Argument der Knappheit an Angelgelegenheiten ist keines.
Doch, finde ich schon und zwar aus folgendem Grund:
Offenbar gibt es tief in unserem Inneren einen atavistischen Trieb zur Jagd. Dieser Trieb kann nicht von allen auf die gleiche Weise ausgelebt werden - dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen. Der FoPu-Besuch puffert da tatsächlich etwas weg, was für viele anders nicht zu erreichen ist. Aus dieser Perspektive halte ich auch den Vergleich mit dem anderen Puff für nicht so weit hergeholt. Nicht umsonst spricht man auch vom "ältesten Gewerbe der Welt", wahrscheinlich ähnlich alt wie der Jagdtrieb. Da man heute nicht mehr mit der Keule in die Nachbarhöhle ziehen kann (dagegen gibt es Gesetze
), braucht es die Alternative. Ungefähr da würde ich den FoPu-Besuch auch einordnen, das ist überhaupt nicht abwertend gemeint!
Mit seinen Verallgemeinerungen hat der Autor sich selbst und unserer Zunft keinen Gefallen getan. Der durchaus lobenswerte und notwendige Ansatz, berechtigte Kritik an verschiedenen Auswüchsen zu üben, wird durch die Pauschalisierung wieder zunichte gemacht. Schade, Ziel verfehlt.
Gruß Thorsten