So, wie ich es gestern geschrieben habe, will ich heute auch mal noch versuchen, meine Beweggründe niederzuschreiben:
Auch bei mir wurde das Interesse am Angeln in der Kindheit geweckt, allersings nicht durch meinen Vater. Mein Großvater war schon immer gern am Wasser und hat sich auch schon immer vom Wasser angezogen gefühlt - ich glaube, das hat er mir vererbt. Mein Vater hat sich nie dafür interessiert, versteht mich aber.
Ich möchte nun nicht unbedingt auf meine "Entwicklung" eingehen, da die wohl bei den meisten ähnlich ist. Es reicht wenn ich sage, dass ich seit ca. 7 Jahren gezielt auf Carps fische. Lieber möchte ich versuchen zu beschreiben, was mich heute zum Angeln antreibt.
Ich versuche, soweit es die Zeit zulässt, jedes Wochenende wenigstens eine Nacht am Wasser zu sein. Meist geht es am Freitag auf den späten Nachmittag los. Das Auto beladen, zum Kumpel fahren, noch ein wenig Quatschen, seinen Ramsch auch noch ins Auto und dann gemütlich ab an Wasser. Dort angekommen, wird das ganzes Zeug (man nimmt eigentlich immer viel zu viel mit, auch wenn das schon die "minimalste Ausrüstung" ist) ans Wasser geschleppt, die Stühle aufgebaut und erst einmal, ganz in Ruhe einen Kaffee trinken und der Natur frönen. Nach ca. einer halben Stunde wird dann angefangen aufzubauen.
Noch ein kurzer Anruf bei der Geliebten, da die meist erst dann Feierabend hat, und dann wird das Telefon beiseite gelegt und das Entspannen geht los. Ich habe meist noch ein Buch dabei oder man redet ganz einfach nur über die vergangene Woche - Klatsch und Tratsch am Wasser ist was echt geniales.
In der Dämmerung gibt es dann noch ein Highlight: das Abendessen. Geht es euch auch so, dass ihr in der Natur das dreifache Futtert? Furchtbar.
Wenn es das Wetter zulässt, sind die Stühle im Freien aufgebaut und werden nun zur Liege umgerüstet, eine schöne warme Decke drübergeschmissen, das Buch kommt heraus, der Diffusor der Kopflampe rein und noch ein paar Seiten lesen bevor man sich zum Dösen hinlegt - immer mit einem möglichen Biss im Hinterkopf. Und ich glaube, genau das ist es, was mich antreibt immer wieder so viel Zeit, Mühen und Geld in diese Leidenschaft, nein, in diese Lebenseinstellung zu investieren. Völlige Ruhe, Entspannung aber dennoch die Erwartung, auch wenn absolut keine Rolle (mehr) spielt, ob wir nun blanken oder 10 Fische fangen.
Und dann ist es bei mir immer wieder komisch. Nennt mich eigenartig oder durchgeknallt, aber zu 99% werde ich ca. 1 Minute vor einem Run wach. Es kam bislang nur selten vor, dass mich ein Fisch aus dem absoluten Tiefschlaf oder überhupt aus dem Schlaf gerissen hat - egal ob dieser nun 00:00 Uhr oder 04:23 Uhr beißt. Erklären kann ich es mir nicht, aber es ist so.
Und ich glaube wirklich, dieser eine kleine Moment, der Dauerton vom Bissanzeiger, genau das ist der Moment, warum es mich so fasziniert. Die ganzen Überlegungen, die man im Voraus angestellt hat, haben irgendwo gestimmt, das Futter, die Menge, die Montage, das Rig, die Stelle - alles hat irgendwo gepasst. Das ist für mich eine der stärksten Bestätigungen die ich bekommen kann.
Sicher, der Drill ist auch ein riesen Spaß, für mich aber schon nicht mehr so interessant wie der Biss an sich. Auch wenn der Fisch, nach hartem Kampf, endlich zu sehen ist, in den Kescher gezogen und auf die Matte gelegt wird: ein riesen Gefühl, wie ihr es selber wisst, aber für mich auch nicht vergleichbar. Gewogen oder vermessen werden unsere Fänge eh nur grob. Die Länge wird mit der Spannweite von unserer Hand gemassen (bei mir sind es knappe 20cm) und das Gewicht wird nur geschätzt. Dann werden eins, zwei Fotos gemacht, nach Wunden gesucht und behandelt und das Tier geht wieder zurück. Und neben dem Dauerton vom Delkim ist dieser kleine Moment für mich wieder sehr wichtig. Den Fisch erst einmal wieder Wasser filtern lassen, sehen ob er wirklich fit ist und ihn dann langsam in die Freiheit zurückgleiten lassen - Wahnsinn!
Die entsprechende Rute bleibt für diese Nacht eh draußen und es geht wieder ins "Bett".
Ich habe vor einiger Zeit einmal einen Angler am Wasser getroffen, und ihn gefragt warum er angeln gehen würde. Seine Antwort war recht kurz "Freiheit und Ruhe". Ich fragte ihn, ob er mir das vielleicht näher erlären könne. Er meinte nur "Verschwinde und ich sag's dir". Damals war ich mit der Antwort irgendwie überfordert - heute verstehe ich sie.
Nun habe ich wieder eine Erklärung abgegeben aber irgendwie den Nagel wieder nicht auf den Kopf getroffen. Naja, irgendwie kommt's aber schon hin.
In diesem Sinne.