Moin Lars,
ehrlich gesagt finde ich es schade, dass du die Arbeit von Hr. Heidler etwas herabwürdigend als "Kormoran-Geschichte" bezeichnest. Es ist tatsächlich eine sehr akribische Arbeit, die sich hinter dem, was ich an "wissenschaftlichen" Publikationen zum Thema bisher gelesen habe, nicht verstecken muß - im Gegenteil.
Was die "sehr voreilige Schlüsse und Deutungen" angeht, magst du im ein oder anderen Fall Recht haben. Allerdings habe ich diesen Eindruck auch schon in anderen Veröffentlichungen sogenannter Fachleute gewonnen.
So ist der häufig massive der Befall von Kormoranen mit der Nematode C. rudolphii nichts Neues.
Nee, ist nix Neues und auch die vermeindliche Gefahr für die Fischwelt, die er aus den herausgewürgten, halb verdauten und mit Würmern versetzten Fischen erkennen will, sehe ich so nicht. Schon eher liegst du da richtig mit deinem Hinweis, das ist "eher etwas, was Vogelschützer beunruhigen sollte ... "
Auch die Beobachtungen, dass es in einem strengen Winter schwierig ist, Kormorane von den letzten noch offenen Gewässerstrecken zu vergraulen, sind nicht wirklich neu.
Ich kann die Stelle nicht finden, wo das behauptet wird.
Wenn du schreibst, "Die Teichwirte könnten einpacken, wenn man ihnen mit den Vergrämungsabschüssen die einzige Methode nimmt, bei der Wirkung und Aufwand in einem halbwegs sinnvollen Verhältnis stehen." magst du damit Recht haben - letztlich gibt es von keiner Seite bisher praktikable Vorschläge, wie und womit man diese Vergrämungsabschüsse ersetzen kann. Bei Heidler klingt das so: "Über die Situation etwa an Fischzuchtanlagen erlaube ich mir kein Urteil."
Er schreibt, dass in Europa zehntausende Vögel abgeschossen werden müssten, um einen Effekt zu erreichen. Das stimmt! Nach Schätzungen der EU-Kommission sind es jährlich etwa 80.000 Kormorane, die geschossen werden. Das reicht für sich genommen dennoch nicht aus, um eine wirkliche Populationskontrolle zu erreichen. Hier zählt die Summe der Wirkungen aller Mortalitätsfaktoren. Erst wenn die groß genug ist, werden wir Auswirkungen bei den Brutpaarzahlen sehen. Im Moment spricht vieles dafür, dass diese Schwelle erreicht bzw. überschritten wurde, denn in vielen Arealen Europas stagnieren die Brutpaarzahlen, obwohl weiterhin reichlich Nahrung und Nistgelegenheiten gegeben sind.
Die Entwicklung bei den Brutpaarzahlen verfolgen wir jetzt schon seit geraumer Zeit. Schon seit Jahren ist zu erkennen, dass das expotentielle Wachstum abgeschlossen ist. Seit einiger Zeit wird im Gegenteil berichtet, dass diese Zahl nicht nur stagniert, sondern sogar rückläufig ist - und das ist nicht nur ein lokaler Effekt. Das sind wohl die " Summe der Wirkungen aller Mortalitätsfaktoren" und nicht nur der Mortalitätsfaktoren, sondern auch aller weiteren Faktoren die über eine Populationsdynamik mitentscheiden.
Das du als engagierter Verfechter der Abschußmaßnahmen den Hauptgrund für diese Entwicklung genau dort erkennst, verwundert mich jetzt nicht. Aber grade die Zahlen über die Trends in den einzelnen Kolonien Brandenburgs (die du kürzlich verlinkt hast) korrelieren überhaupt nicht mit dieser Theorie.
Spaßig ist auch die Empfehlung bezüglich der Finanzierung des Fischbesatzes aus Naturschutzgeldern
Echt, findest du das "spaßig"? Ich kann dem eine Menge abgewinnen - grade auch wenn es darum geht, tatsächlichen Schaden zu ersetzen. Das der Schaden häufig durch Geldmittel nicht wieder gut zu machen ist, liegt auch daran, dass z.T. privat finanzierte und durch freiwilligen und engagierten Einsatz grade z.B. bei Wiederansiedlungsprojekten geleisteten Einsatz ein hohes Frustpotential entsteht. Ein finanzieller Ausgleich aus Naturschutzmitteln kann dabei auch ein Signal dafür sein, dass sowohl die Ursache, als auch die Wirkung anerkannt wird.
Wenn, wie Herr Heidler schreibt, der Fischbesatz in den Mittelgebirgsregionen die Nahrungsgrundlage für das Überleben der Kormoranbestände sei, sollten wir dann für eine wirkungsvolle Regulierung der Kormoranpopulation nicht umgehend alle Maßnahmen zur Renaturierung von Gewässern einstellen? Die führen schließlich auch zu einer Zunahme der Fischbestände ...
Hr. Heidler hat damit zweifellos Recht. Grade die beiden letzten Winter hätten ohne diese Voraussetzung garantiert zu einer enorm hohen Verlustquote bei den Fischfressern geführt. Aber du kannst doch nicht verlangen, dass man die Menschen ausrottet, um die Kopflaus zu bekämpfen.
Im übrigen folgt aus der richtigen Erkenntnis ja keine Forderung, diesen Besatz künftig zu unterlassen, sondern nur die finanziellen Folgen auf breitere Schultern zu verteilen. Wenn du das nicht verstehst, wie rechtfertigst du dann die Ausgleichszahlungen an Fischwirte?
Bin mal gespannt, welchem der 8 Lösungsansätze von Herrn Heidler Du Deine Zustimmung verweigerst.
-> Markierung von Gewässern, welche den Vögeln allein überlassen
werden können, keine menschliche Nutzung
Ich bin ein Vertreter der Gruppe, die auf Koexistenz mit diesem Vogel setzt. Es sollte so etwas wie ein Recht aller Lebensformen auf Nahrungsbeschaffung und der Nutzung aller natürlicher Ressourcen geben. Dabei darf keine Gruppe bevorzugt werden. Eine ausschließliche Nutzung durch irgendjemand - unter Ausschluß einer anderen Nutzergruppe findet daher nicht meinen Beifall.
Wie und in welcher Form die Nutzung natürlicher Ressourcen geregelt wird, bedarf einer Entscheidung im Einzelfall. Jedenfalls ließe es eine solche Regelung zu, dass ehemalige Nutzer darin (zu Recht!) eine bevorzugung einer Art erkennen würden, deren Akzeptanz sowieso schon im negativen Bereich liegt...
Gruß Thorsten