Ergänzungen:
- stabil geschichteter Baggersee (Kiessee) mit Badebetrieb
Größte Tiefe: ca. 15m
Gewässergüte: eutroph 1 / eutroph 2
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Untersuchungsrahmen:
Im Rahmen der Überwachung von Oberflächengewässern wird der Kinzigsee in der Gemeinde
Langenselbold jährlich - einmal während der Frühjahrszirkulation und dreimal innerhalb
der sommerlichen Vegetationsphase - untersucht. Aufgrund der Abtrennung des Sees durch
eine Tauchfolie in zwei Bereiche und der chemischen Phosphat-Fällung im abgetrennten Badebereich
wurden 2004 beide Bereiche getrennt untersucht.
Trophie-Bewertung:
Der Kinzigsee wird als stabil geschichteter Kiessee entsprechend der LAWA-Richtlinie „Baggerseen“
bewertet. Er kann aufgrund seiner Morphometrie potentiell die bestmögliche
Trophieklasse (oligotroph) erreichen. Ermittelt wurde jedoch eine Trophieklasse von eutroph
2 im Mittel der Jahre bzw. 2004 im vom Badebereich abgetrennten Restsee eine Trophieklasse
von knapp eutroph 1 (fast wieder eutroph 2). Im behandelten Badebereich konnte im letzten
Jahr ein mesotropher Zustand ermittelt werden. Somit hat der See nur eine Bewertungsstufe
von im Mittel der Jahre 4 bzw. 2004 von 3 (fast 4) der 7-stufigen Skala erreicht, im behandelten
Badebereich jedoch eine Bewertungsstufe von 2. Die Gründe für die Verbesserung sind
eindeutig die Verringerung des Phosphat-Gehaltes im Sommer nach der Fällung und die damit
verbundene Verringerung des Chlorophyll-Gehaltes und des Anstieges der Sichttiefe. Die
Behandlung des Badebereiches führte zudem zu keiner sichtbaren Beeinträchtigung des Ökosystems,
weshalb insgesamt dieses erstmalig in einem Badesee erprobte Verfahren als sehr
erfolgreich bezeichnet werden kann.
Tiefenprofil-Untersuchungen:
Während der sommerlichen Stagnationsphase wurde anhand von vertikalen Messungen im
Kinzigsee (Restsee) 2004 ab einer Tiefe von 4 Metern ein Sauerstoffdefizit festgestellt. Ab
einer Tiefe von 5 Metern begann die, in den meisten Seen übliche, praktisch sauerstofflose
Zone. In den Vorjahren musste bereits in deutlich geringeren Wassertiefen mit einem Sauerstoffdefizit
gerechnet werden. Negativrekord hierbei war der 8. August 2000, an diesem Tag
war bereits in einer Tiefe von nur 3 Metern das Wasser praktisch ohne Sauerstoff. Die Temperatur-
Sprungschicht (Metalimnion) befand sich 2004 ungefähr in einer Tiefe zwischen 5 und 8 Metern.
Im Metalimnion steigt der pH-Wert von ca. 7,3 in 10 Meter Wassertiefe auf ca.
9,8 (Maximum-pH im Jahr 2000: 10,2) an.
Besonderheiten, Empfehlungen:
Der Kinzigsee stellt einen besonderen Problemfall der hessischen Badeseen dar. Aufgrund der
hervorragenden Infrastruktur ist der Wunsch groß, diesen See als Badesee zu nutzen. Das
Kernproblem dieses Sees, ist jedoch der hohe Phosphat-Gehalt, der die Badenutzung stark
beeinträchtigt. Als Haupteintragspfad für das Phosphat müssen eindeutig die Hochwässer der
Kinzig gelten. Relativ unbekannt ist jedoch noch die Eintragsmenge, die sich aufgrund der
Sportangler, z.B. durch „Anfüttern der Fische“ , ergibt. Auch hierbei können erhebliche Mengen
an Nährstoffen in den Kinzigsee gelangen. Einer Sanierung des Kinzigsees ist, nicht nur
aufgrund der wieder angestrebten Nutzung als Badesee, dringend zu empfehlen. Ebenso unklar
ist der Anteil des Nährstoffeintrages, der sich durch den Zulauf über den Ruhlsee aus der
Kinzig ergibt.
Um den ökologischen Zustand des Kinzigsees zu verbessern sind folgende Maßnahmen möglich:
1. Die Verbesserung der Wasserqualität der Kinzig bei Hochwasserereignissen durch
geeignete Regenrückhaltesysteme.
2. Die Erhöhung des Deiches am südlichen Teil des Kinzigsees, um die mittleren Kinzig-
Hochwässer abzuhalten.
3. Eine Verringerung der Nährstofffracht durch den kontinuierlichen Zufluss aus der
Kinzig über den Ruhlsee durch:
- Stilllegung des Zuflusses (und Abflusses) aus der Kinzig oder
- Reduzierung der Zuflussmenge und/oder
- Reduzierung der Nährstoffkonzentration in der Kinzig durch geeignete Maßnahmen
im oberhalb liegenden Einzugsgebiet der Kinzig um den kontinuierlichen Zufluss mit
nährstoffhaltigen Wasser zu minimieren.
4. Ein Verbot des Besatzes von Karpfen und des „Anfütterns von Fischen“ durch Sportangler.
Zudem muss eine naturnahe Fischzusammensetzung mit entsprechender Anzahl
Raubfische erreicht werden. Um Verständnis für diese Maßnahme zu schaffen, ist
zuvor unbedingt ein direktes Gespräch mit den dort ansässigen Angelsport-Vereinen
erforderlich. Allgemein sind Angler häufig der Ansicht, dass ein See mit vielen Fischen
automatisch eine gute Wasserqualität haben muss.
5. Aus hygienischen Gründen schließen sich die gleichzeitige Nutzung eines Sees als
Badesee und als Vogelschutzgebiet normalerweise aus. Deshalb sollten am Kinzigsee
keine Vogelschutzgebiete ausgewiesen werden. Stattdessen sind hierfür Teile des benachbarten
Ruhlsees zu verwenden. Beachtet werden muss hierbei jedoch der Zufluss
des Ruhlsees zum Kinzigsee. Eine Überprüfung des Zulaufs des Kinzigsees auf hygienische
Parameter gemäß der Badegewässerrichtlinie ist in Form einer Untersuchungsreihe
im Bereich des Ablaufes im Ruhlsees, deshalb ratsam.
Das durchgeführte Pilotprojekt einer saisonalen Einbringung einer Tauchwand um den Badebereich
von dem Rest des Kinzigsees abzutrennen und anschließender Fällung im Badebereich
hatte nur eine saisonale Teilrestaurierung des Kinzigsees zum Ziel und ist deshalb nur
zur Lösung der Badeproblematik geeignet. Die vorgenannten Maßnahmen sind deshalb ebenfalls
unbedingt weiter zu verfolgen, um die allgemeine Wasserqualität zu verbessern, mit dem
Ziel einen guten ökologischen Zustand im Kinzigsee zu erreichen. Das Erreichen einer Badenutzung
gemäß EU-Badegewässerverordnung in dem durch die Tauchwand abgetrennten Bereich,
war erfolgreich.
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Quelle: Hess. Landesamt für Umwelt und Geologie, Hess. Gütemessprogramm - Seenuntersuchungen 2004
Mit freundlicher Genehmigung des HLUG. Dafür unseren Dank ...