Moin,
die ganze Diskussion entsteht doch nur durch die irreführende Bezeichnung "Friedfischschein". Letztlich ist doch damit überhaupt nicht gemeint, dass nur auf Friedfische geangelt werden darf. Reglementiert wird ausschließlich womit geangelt werden darf. Die Bezeichnung "aktive Köderführung", die zweifellos auf das Dropshot-Angeln zutrifft, wird tatsächlich nirgends erwähnt.
So schreibt es auch der Landesanglerverband Brandenburg
Entscheidendes Kriterium der Fischereischeinbefreiung ist nicht der gefangene Fisch, sondern die Angelmontage.
Der komplette Text kann hier nachgelesen werden:
http://www.lav-bdg.de/page/aenderungen.html
Unter folgendem Link kann nicht nur die Definition einer "Friedfischangel" nachgelesen werden, sondern es ist darüber hinaus auch definiert, was nicht erlaubt ist.
http://www.brandenburg.de/cms/media.php/2331/friedfis.pdf
Natürlich kann man unterstellen, dass Angler versuchen Lücken zu finden und diese für sich auszunutzen. Begünstigt wird dieser Verdacht dadurch, dass dieser Schein - wie eingangs erwähnt - einen falschen Namen trägt, der vermuten lässt, es sei nur das Angeln auf Friedfische erlaubt. Offenbar ist das nicht der Fall.
Es wäre aus meiner Sicht auch schwer zu erklären, warum man auf Karpfen angeln darf, auf Barsche aber nicht. Mal ganz abgesehen davon, dass man mit einer Friedfischangel selbstverständlich auch Raubfische fangen kann ("Köder wie Teig, Getreide,
Wurm und Made sind charakteristische Merkmale einer Friedfischangel."), erschließt sich mir der Sinn nicht wirklich. Letztlich darf ein gefangener Raubfisch (die Möglichkeit dazu ist explizit vorgesehen - "Sollte im Ausnahmefall ein klassischer Raubfisch, z. B. ein Hecht, auf einen Friedfischköder beißen, kann dieser unter Beachtung sonstiger Vorschriften – z.. B. Schonzeiten, Mindestmaße - mitgenommen werden.") ja ebenfalls entnommen werden.
Im übrigen kann man auch den Eindruck gewinnen, dass Gegner dieser Regelung auch ein Interesse daran haben, die im "Bürokratieabbaugesetz" vorgenommenen Änderungen am Fischereigesetzes in ihrem Sinne zu interpretieren. Was natürlich überhaupt nicht sein kann ist, dass die geltenden Vorschriften am Wasser "spontan" und je nach Interessenlage und Zugehörigkeit zu einer Glaubensgruppe interpretiert werden. Und das sowohl von Fischereiaufsehern wie auch von Anglern. Was ist so schwer zu verstehen, wenn im Gesetz steht, ein Wurm ist als Köder erlaubt? Warum muß jetzt auch noch die Köderführung ins Spiel gebracht werden, die nirgends im Gesetz erwähnt wird?
Oder um es weiter zu verkomplizieren: ein Wurm, der an der Wasserkugelmontage gezupft wird, ist was, ein Raubfischköderwurm oder ein Friedfischköderwurm? Um nicht ständig in Interpretationsnotstand zu geraten, steht im Gesetz, dass der Wurm als Köder zulässig ist. Punkt.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Gerichte hier anders entscheiden würden, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Schlimm genug, dass solche Fragen die deutsche Jurisprudenz überhaupt beschäftigen. Hat doch die Änderung des Fischereigesetz (ursprünglich) den folgenden Grund
Der Abbau von Bürokratie ist ein prioritäres Ziel der Landesregierung. In Deutschland ist der Zugang zum Angeln wesentlich komplizierter, teurer und aufwändiger als in anderen EU-Mitgliedsländern.(...) Das Land kann durchaus auf die eine oder andere Regelungskompetenz verzichten.
Gegnern des geänderten Fischereigesetz steht durchaus die Möglichkeit offen, sich über den üblichen Weg der demokratischen Meinungsbildung und Gesetzgebung einzubringen und konkrete Verschärfungen durchzusetzten. Was nicht in Ordnung ist, ist am Wasser seine persönliche Haltung zum "Friedfischschein" durchzusetzen - entsprechend einer ganz eigenen, persönlichen Interpretation der Rechtslage.
Gruß Thorsten