Geschichten Neid - Gedanken zum Karpfenangeln

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Petrijünger
Unter den Fangfotos auf Facebook stehen meist Glückwünsche. Aber gerade der regelmäßige Fang großer Fische oder der eines besonders dicken Fisches zieht hinter den Kulissen unschöne Dinge nach sich. Aber warum? Neid ist das Stichwort!
Beim Klettern spielt der Faktor Glück keine Rolle

Der Moment, wenn ein großer Fisch in den Kescher gleitet ist unbeschreiblich. Unbeschreiblich schön, im Regelfall. Man freut sich, ruft vielleicht noch einen Freund oder einige Bekannte an, um sie an dem Erlebnis teilhaben zu lassen. Zu Hause angekommen, kommt dann aber manchmal das böse Erwachen. Das Postfach ist voll. Irgendwie hat es sich herumgesprochen, dass man einen besonderen Fisch gefangen hat und die Reaktionen darauf sind zwiegespalten. Die einen freuen sich augenscheinlich und die anderen? Regen sich auf, drohen, lästern und und und... Neid ist ein fester Bestandteil der Szene. Darüber gibt es keinen Zweifel, aber warum eigentlich? Wenn ich z.B. ans Klettern denke, finde ich eine derartige Haltung untereinander nicht. Man jubelt dem, der gerade in der Wand ist zu und anschließend versucht man sich selbst an der Route. Angefeuert von den anderen- und demjenigen, der vorher die Route gegangen ist. Bei uns bekommen Leute, die einen großen Fisch fangen, nicht selten Drohungen und Druck von gerade denen, die den Fisch schon gefangen haben. Man könne was erleben, wenn man den Fisch veröffentlicht. Das aktuelle Fanggewicht des Fisches wird angezweifelt. Aber warum? Hängt das Ego, die Position in der Szene derartig am Fang eines Fisches? Klar, je häufiger ein Fisch gefangen wird, desto weniger glaubt die Masse an eine besondere Angelleistung. Aber gibt es die? Ich zweifle ja manchmal daran. Warum sonst könnte der dööfste Potti des Vereins ganz ohne unsere Wunderrigs auf meinem Futterplatz zwei der drei größten Fische des Sees fangen?
Angelt man an einem See mit großen Fischen, fängt man auch irgendwann einen. Oder einige. Irgendwie. Vielleicht auch nur mit Glück. Aber genau da liegt der Hund begraben- Glück. Glück spielt bei unserem Hobby definitiv eine Rolle. Gute Angler fangen kontinuierlich, vorausgesetzt sie gehen los. Hier geht es nicht um Glück. Einen großen Fisch, quasi als Ausrutscher, kann aber jeder fangen. Und wenn er nur in der richtigen Nacht draußen ist. Nur will man das nicht wahrhaben! Beim Klettern z.B. geht das nicht. Da kommt es einzig auf das Können an. Kannst du dich an der Schlüsselstelle nicht an einem Finger hochziehen, fehlt die Physe, fällst du. Ende. Aus! Und so möchten wir uns als Angler auch dargestellt wissen! Wir fangen weil wir es können. Fängt ein anderer spricht der Neid.
Aber so falsch gepolt sind wir Karpfenangler gar nicht. Neid ist fester Bestandteil der menschlichen Psyche, gehört für mich sogar zum Instinktverhalten des Menschen. Ohne Neid, wären wir gar nicht in der Lage uns anzuspornen, zu motivieren. Neid ist die Triebfeder für Innovation und Fortschritt mit Ziel schneller, höher, weiter. Experten sprechen hier von weißem Neid. Er ist positiv und lässt uns zur Höchstform auflaufen. Deshalb sind wir überhaupt an dem Punkt besonders große Fische fangen zu wollen.
Releasen ist Ratio. Beute verspeisen unsere Natur!

Ehrlich! Man hat empirisch belegt, dass Menschen so lange mit wenig zufrieden sind, dieses Wenige sogar bevorzugen, da der Einsatz dafür gering ist, solange alle gleichviel haben. Hat einer mehr, geht's los mit dem Wetteifern. Dabei muss es nicht einmal um das Ergebnis gehen. Selbst kleinste Unterschiede wecken Neid in uns. Kennt man ja aus der Praxis. Der der kontinuierlich fängt hat mit Sicherheit auch einen ungerechten Vorteil. Warum sonst gibt es Streit um den vermeintlich besseren Platz? Oder Boilieverbote? Fängt man schlecht, ist das jedoch eine nette und brauchbare Erklärung. „Der Andere hatte den besseren Platz." „Der hat die Fische süchtig gemacht." Und gleichzeitig auch eine Form des Neides. Erfolge des Anderen schmälern. „Der? Der angelt doch im Schongebiet. Das kann jeder!" Das ist schwarzer Neid. Die Neidform, die einem die Freude am Angeln nehmen kann. Hieraus entsteht die Motivation zu lästern, oder sogar jemanden allgemein schlecht zu machen. Sich gegen ihn einzusetzen. Man will selber an die Spitze und macht alles, damit der andere geächtet wird. Weil er besser war, oder genauso gut wie man selbst?
So sind wir. Und das ist sogar normal. Menschen sehen Belohnung immer im Vergleich. Ist erwiesen. Bei uns ist die Belohnung der Fang. Da man ja als Karpfenangler augenscheinlich alles gleich macht wie alle anderen, man wirft die Ruten aus und Futter hinterher, müsste man ja auch mindestens gleich gut fangen. Weniger ist dem Empfinden nach dauerhaft nicht gerecht. Kleinere Fische bei wesentlich höherem Aufwand oder vermeintlich größerer Erfahrung, also Arbeit in der Vergangenheit? In unserem Neiddenken unvorstellbar.
Aber warum ärgert sich jemand besonders stark, wenn ich einen großen Fisch nicht nur fange, sondern auch veröffentliche? Aus der Angst heraus, das Gewässer könne überrannt werden? Schwerlich vorstellbar, denn meist sind das Gewässer in dem der Riese schwimmt und er selbst doch in der Szene allen bekannt. Jeder, der das Foto sieht, denkt: „Ach guck. Ist er wieder an den Haken gegangen." Damit hat es sich. Wer das Gewässer nicht kennt, wird es dadurch auch nicht kennen lernen. Mal vorausgesetzt, der Fänger gibt nicht Preis, woher der Fisch kommt.
Haben wir Catch and Release nur rational beschlossen, oder auch verinnerlicht?

Vielleicht arbeitet da aber unser Inneres. Angler agieren aus einem tieferen Trieb heraus. Greifen hier auch andere Triebe? Einmal gefangen ist der Fisch vielleicht innerlich meiner. Nur aus der Vernunft heraus habe ich ihn nach dem Fang wieder frei gelassen. Aber er ist mein. Die Besitzurkunde in Form eines Trophyshot belegt das unwiderruflich. Aber warum lassen wir ihn dann überhaupt leben? Das passiert aus einer anderen Folge von Neid. Teilen! Teilen ist eine Überlebenstechnik, aber auch aus der Tatsache geboren, dass man in einer Gruppe, die (durch Teilen) voneinander abhängig ist, die anderen in ihrem Tun zu den eigenen Gunsten regulieren kann. Teilen ist vernünftig. Man teilt, wenn man davon einen Nutzen hat. Es ist in unserem speziellen Falle aber wider unseren Trieb. Der Trieb ist- man jagt, überlistet und behält das Gejagte. Man tötet es im Extremfall. Andere bewundern einen anschließend dafür, dass man wieder Erfolg hatte. Und man lässt sich gerne bewundern. Behauptet so seinen Platz in der Hirarchie.
Bei Wikipedia findet sich für Teilen folgende Definition: Teilen ist das gemeinsame Nutzen einer Ressource. Im Falle materieller Güter muss das Gut oder die Nutzungszeit zwischen den Nutzern aufgeteilt werden, wobei Kulturgüter wie Wissen (oder auch Ansichten und Meinungen) mitgeteilt und somit auch zeitgleich in vollem Umfang gemeinsam genutzt werden können.
Diese Definition schließt aber eines nicht ein. Ruhm, Ehre und Ansehen. Sie kann und vor allem will man nicht teilen, erlangt sie jedoch zumindest subjektiv durch den Fang eines oder mehrerer großer Fische. Lässt man das Erbeutete (den Fisch) nun wieder frei, kann es auch ein anderer jagen und fangen. Gelingt ihm das, wird man schon nicht mehr als besonders angesehen. Der Platz in der Hirarchie kann so in Frage gestellt werden. Ein Risiko!
Wozu Neid? Vielleicht pathetisch, aber gemeinsam ist Freude größer!

Einem anderen ein Stück der Beute zum Verzehr abzugeben fällt daher leichter! Die Hierarchie ist dabei geregelt.
Aus dieser Schlussfolgerung heraus stellt sich die Frage: Haben wir vielleicht Catch and Release noch gar nicht verinnerlicht? Wir finden C&R gut, solange wir dadurch die Chance haben große Fische zu fangen, die andere schon hatten. Sobald der Fisch jedoch im eigenen Kescher lag, wäre es befriedigender, er würde nie wieder gefangen. Ihm nach dem Fang das Leben zu nehmen ist daher näher an unserer Natur! Wir lassen ihn also aus rationalem Denken heraus wieder frei, aber innerlich sträubt sich etwas. Und es lebt so richtig auf, wenn dann jemand anderes den Fisch fängt. Das wurmt.
Gibt es deswegen soviel Zwist und Gerede, so viele Innovationen und Neuerungen für die Überlistung der scheuen Großkarpfen? Aus Neid? Haben wir Catch and Release rational beschlossen, aber nicht verinnerlicht? Neid kann nach vorne bringen. Er kann aber auch den zerstören, der dem anderen etwas neidet. Schwarzer Neid schwächt und lähmt. Wie rational sind wir? Können wir den Neid, der die Szene von innen zerfrisst besiegen? Angefangen bei uns selbst? Wären wir nicht ohne ihn stärker? Gedanken, für die kommende Saison...
Ich wünsche euch ein schönes und ausgeglichenes Jahr 2013!


Quelle von https://www.carp.de/berichte/kolumne/1257-neid-gedanken-zum-karpfenangeln.html
 
Interessanter Text! Wundert mich das sich absolut niemand dazu geäußert hat. Weißer Neid und schwarzer Neid könnte man wohl evtl. auch einfach durch Neid (positiv) und Mißgunst ersetzen. Ich glaube wie in allen anderen Bereichen auch kommt es sehr auf den Menschen an sich an und nicht am "Bereich Karpfenangeln" es könnte genauso gut Neid im Job, Geld, körperliche Konstitution, geistige Fähigkeiten oder die Briefmarkensammlung gehen...

Ich kann diesbezüglich nur mich selber analysieren. Als Beispiel:


ICH habe mir letztes Jahr an einem Gewässer überlegt, dass man es dort wohl gut mal mit Schwimmbrot probieren könnte. ICH, überlegte mir dann mit welcher Rute, welche Methode (Wasserkugel oder Spiro oder ganz ohne) usw. ICH, habe fast sämtliches Material gestellt. ICH, habe mir überlegt zu welcher Uhrzeit es wohl am erfolgsversprechendsten ist. Usw. usw.
Geangelt habe ich dann aber mit einem Kumpel zusammen. ER hat 2 Karpfen erwischt, ich keinen! Bin ich nun neidisch?! Selbstverständlich bin ich das!!! Aber auf keinen Fall bin ich mißgünstig. Ich habe mich sehr für ihn gefreut, zumal ich ihn das eine mal direkt aus dem Krankenhaus abgeholt habe und nach dem angeln wieder dorthin gebracht habe. Dennoch habe ich im Winter dann gedacht wie schade es doch für MICH ist, dass ich gar keinen fangen durfte. Auch fremden Anglern neide ich ihre Fänge nicht. Ich weiß also nun, dass ich kein grundsätzlich egoistischer und mißgünstiger Mensch bin.

Gehen wir einen Schritt weiter Richtung Großkarpfen.
C&R hat sich ja bei großen Karpfen quasi zu 100% durchgesetzt. Davon würden andere Fischarten jedenfalls träumen...
Ich sehe das allerdings negativ. Der Grund ist der meist jährliche Besatz mit Karpfen. Werden von diesen dann die 2-4 kg Fische durchaus auch noch oftmals entnommen, wachsen alle überlebenden pro Jahr nahezu endlos weiter. Als ich meinen bisherigen PB Karpfen von 22 Pfund gefangen hatte, ließ ich ihn auch frei das muss ich zugeben! Aber als ich meinen Kumpel (einen anderen) fragte wie er es gefunden hätte, wenn ich diesen abgeschlagen hätte, erntete ich absolutes Unverständnis. (Wobei er jeden Hecht, Barsch oder sonstwas verwertet.) Dahinter steckte aber purer Egoismus, denn jeder Fisch der weg ist, kann ja von ihm nicht mehr gefangen werden!!
Ich bin der Meinung, dass dieses Verhalten auf sehr lange Sicht das Gewässer zerstört.

Aber bin ich nun ein übergroßer Naturfreund?! Oder rührt der Gedanke nicht letztendlich doch daher, dass ICH dann in einem toten Gewässer nicht mehr angeln kann??!! Also ebenfalls purer Egoismus...?

Ich glaube die Menschen sind nun mal einfach wie sie sind. Der eine schlimm und der andere noch schlimmer... ;)



PS: Warum ist der Thread eigentlich in der allgemeinen Plauderecke?
 
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