Naturschutz -  Kormoran - Vogel des Jahres 2010

Kann es nicht sein, dass die Kormoranphobie der Angler und Fischer ähnlich gestrickt ist wie die Phobie der Jäger gegen Luchs, Wolf und Wildkatze?:confused:

Kann mir jemand die genaue Ursache erklären wieso es so viele Kormorane gibt? (ich persönlich habe am Rhein noch keine Riesenkolonie entdeckt. Vielleicht fehlt der natürliche Feind durch den Menschen?

Vielleicht kann mich jemand aufklären? Sätze hier wie "der Kormoran sollte ersticken" etc. bedarf eigentlich keines Komentares.

Das ein Tier andere Tiere ausrottet oder verdrängt, ist eigentlich nur durch die "Globalisierung" des Menschen zu erklären.
(s. Invasionsbiologie: http://de.wikipedia.org/wiki/Invasionsbiologie)

Die Kreatur an sich zu verteufeln ist sehr einfach und bequem!
So, nun könnt Ihr mich steinigen ;-)

Schönes Wochenende
Barbenschreck
 
Zuletzt bearbeitet:
"Karl Winkelgrund, Teichwirt
„Der jagt sie gezielt. Das hat Effekte, dass die Fische zum Beispiel im Sommer ins Schilf getrieben werden, dort kann Sauerstoffmangel herrschen, dann kippen sie um. Dann verletzt er sehr, sehr viele Fische. Das heißt, manchmal haben wir 50, 60, 70 Prozent verletzte Fische dabei. Die sind nicht mehr marktfähig, die können wir nicht mehr verkaufen.“

Im letzten Jahr haben die Kormorane allein aus seinen Teichen Fische im Wert von 20.000 Euro gefressen. Auch heute lauert der Feind schon auf seine Beute."
http://www.rbb-online.de/klartext/archiv/klartext_vom_31_03/glaubenskrieg_um_den.html

Boah, das ist ja Wahnsinn! Ganz ehrlich, das hat doch mit Naturschutz nichts mehr zu tun.
 
Kann mir jemand die genaue Ursache erklären wieso es so viele Kormorane gibt?

Hallo Barbenschreck,

so einfach kann man die Frage nicht beantworten. Ganz offensichtlich streiten sich die "Gelehrten" ja sogar darüber, ob es jetzt "so viele Kormorane" gibt, oder ob der Bestand angepasst ist...

Korrekt müsste die Frage lauten, warum es jetzt wieder so viele Kormorane gibt und warum sich die Vögel in so großer Stückzahl auch in Bereichen antreffen lassen, in denen sie entweder noch nie oder seit langer Zeit nicht mehr "heimisch" waren.
Je nach Perspektive lautet die Antwort, dass es sich um ein gelungenes Beispiel von Artenschutz handelt, oder das besagter Artenschutz hier maßlos übertrieben wird und fehlendes Management für die "Überpopulation" verantwortlich ist. Natürlich spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass der K. noch ausreichend Nahrung findet und auch weitere limitierende Faktoren wie Nistmöglichkeiten oder natürliche Feinde noch nicht überall das Wachstum der Bestände einbremst. Hinzu kommt ein verändertes Verhalten in den Wintermonaten - wir müssen uns mit immer mehr "Wintergästen" herumschlagen, dem Klimawechsel sei Dank.

Das die Kormoranphobie der Angler und Fischer mit den Vorbehalten der Jäger in Bezug auf Luchs, Wolf und Wildkatze vergleichbar wäre, glaube ich nicht - sofern es solche "Phobien" überhaupt gibt. Ich würde es etwas anders ausdrücken: es gibt unter den Anglern schon so etwas wie ein "reflexhaftes Verhalten" wenn es um den K. geht. Ich will mich da nicht ausnehmen...:grins
Trotzdem muss man sich rational mit dem Thema beschäftigen, sonst darf man nicht den Anspruch erheben ernst genommen zu werden.

Boah, das ist ja Wahnsinn! Ganz ehrlich, das hat doch mit Naturschutz nichts mehr zu tun.

Da hast du wohl Recht, Karl Winkelgrund geht es wohl in erster Linie um den Schutz der 20.000 Euro - was ihm natürlich nicht zu verdenken ist!

Gruß Thorsten
 
Mecklenburg-Vorpommern unternimmt ernsthafte Schritte hin zu einem nachhaltigen Kormoranmanagement

http://www.regierung-mv.de/cms2/Reg...uelle_Pressemitteilungen/index.jsp?&pid=18661

Zitat: "...

Backhaus sichert Fischern weitere Hilfe beim Kormoranmanagement zu

Nr. 88/2010 - 09.04.2010 - LU - Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz

Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Till Backhaus hat auf der Mitgliederversammlung des Landesfischereiverbandes M-V e. V. am Samstag in Görslow die weitere Unterstützung der Landesregierung beim Kormoranmanagement zugesichert. Bereits im Jahr 2007 seien mit der Kormoranverordnung Möglichkeiten der Vergrämung geschaffen worden und aus Mitteln der Fischereiabgabe 151.000 Euro bereitgestellt worden.

"Dennoch erscheinen weitere Maßnahmen notwendig", sagte Minister Backhaus in seiner Rede. "Ein sinnvolles Management ohne Abschuss könnte eine 26 bis 38-prozentige Ei-Reduktion darstellen. Die Universität Rostock wird in den nächsten drei Jahren die Populationsparameter ermitteln und verschiedene Managementmaßnahmen in den mit dem Landesfischereiverband abgestimmten vier Kolonien testen. Dafür wurden für das Jahr 2010 bereits 74.000 Euro aus Mitteln der Fischereiabgabe bewilligt. Die erforderlichen naturschutz- und tierschutzrechtlichen Genehmigungen wurden noch vor Ostern und somit vor Beginn des mittlerweile eingesetzten Brutgeschäftes erteilt. Die Universität Rostock hat mit Untersuchungen und Vergrämungen an ca. 900 Nestern begonnen. Das Ziel dieser Arbeiten besteht letztlich darin, dass künftig - ähnlich wie in Dänemark - ein wissenschaftlich begründeter mehrjähriger Managementplan in Brutkolonien durchgeführt werden kann. Dazu bedarf es jedoch auch einer international einheitlichen Anwendung der nach Artikel 9 der Vogelschutzrichtlinie vorgegebenen Ausnahmetatbestände. Dafür sollten der Berufsstand und die Politik weiterhin gemeinsam eintreten", forderte Minister Backhaus.

Der Minister teilte mit, dass sich von den knapp 24.000 in Deutschland registrierten Kormoran-Brutpaaren etwa 13.400 in Mecklenburg-Vorpommern aufhalten. Der Brutbestand im Binnenland betrage 2.016 Paare und der Rastbestand 5.250 Tiere, die zusammen ca. 570 Tonnen Fisch jährlich aus den Binnengewässern entnehmen. Nach Schätzungen der Wissenschaft betrage der Anteil des Aals an der Kormorannahrung in den hiesigen Binnengewässern etwa 6%, in den Küstengewässern rund 3%. ..."

Viele Grüße

Lars
 
Moin,

der Beitrag von Lars wirft noch ein paar Frage auf. Wie z.B. was steht eigentlich in Artikel 9 der Richtlinie über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten

Artikel 9
(1) Die Mitgliedstaaten können, sofern es keine andere zufriedenstellende
Lösung gibt, aus den nachstehenden Gründen
von den Artikeln 5 bis 8 abweichen:
a) — im Interesse der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit,
— im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt,
— zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen,
Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern,
— zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt;
Quelle: http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:020:0007:0025:DE:PDF

Die Punkte "Interesse der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit" und das "Interesse der Sicherheit der Luftfahrt" ist durch Kormorane auch nicht wirklich tangiert. Die "Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern" kann da wohl eher greifen. Auch "zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt" kann ein "Kormoranmanagement" in Frage kommen. Die vom Minister genannte "26 bis 38-prozentige Ei-Reduktion" bewegt sich exakt in dem Korridor, der in einer kürzlich verlinkten [URL="http://www.lav-mv.de/dokumente/Bericht-07-09.pdf]pdf[/URL] disskutiert wurde. Auftraggeber des Gutachtens zur "Gefährdungsanalyse" mit der "Ableitung eines theoretischen Managementzieles" war das Ministerium selbst. Ob und inwieweit das vorgeschlagene Vorgehen tatsächlich nachhaltig wirkt bleibt abzuwarten.

Warum es dazu "auch einer international einheitlichen Anwendung der nach Artikel 9 der Vogelschutzrichtlinie vorgegebenen Ausnahmetatbestände" bedarf, erschießt sich mir nicht auf Anhieb. Andere Länder, anderes "Bedrohungspotential". Im übrigen hat ja grade das Beispiel Dänemark gezeigt, dass es für einen Managementplan eben keiner internationalen Anwendung bedarf.

Eine Frage hätte ich zu der Berechnung der folgenden Zahl:

Der Minister teilte mit, dass sich von den knapp 24.000 in Deutschland registrierten Kormoran-Brutpaaren etwa 13.400 in Mecklenburg-Vorpommern aufhalten. Der Brutbestand im Binnenland betrage 2.016 Paare und der Rastbestand 5.250 Tiere, die zusammen ca. 570 Tonnen Fisch jährlich aus den Binnengewässern entnehmen.

Egal was ich wie multipliziere, ich komme nicht auf diese Zahl. Vielleicht kann mir das ja mal ein anwesender Mathematiker erklären. Ich lande viel weiter oben. :grins

Nach Schätzungen der Wissenschaft betrage der Anteil des Aals an der Kormorannahrung in den hiesigen Binnengewässern etwa 6%, in den Küstengewässern rund 3%

Sorry Lars, das bedeutet für das Überleben der Aale rein gar nicht. Wohl eher für das Einkommen der Fischer...

Gruß Thorsten
 
Barbenschreck schrieb:
Kann es nicht sein, dass die Kormoranphobie der Angler und Fischer ähnlich gestrickt ist wie die Phobie der Jäger gegen Luchs, Wolf und Wildkatze?:confused:

Der Unterschied ist nur, daß die Jäger wohl eine Phobie haben, und bei uns Angler die Phobie real geworden ist.
Sprich wieviele Luchse, Wildkatzen und Wölfe in Deutschland leben, und wieviele Kormorane es gibt.
Gäbe es soviele Wölfe wie Kormorane , würde die Bevölkerung gegen den Nabu Sturm laufen.

Warum es den Kormoran nun vermehrt gibt, kannst du auf den vielen Seiten hier im Thread lesen.
 
Hallo Thorsten,

bezüglich der Menge Fische, die von den Kormoranen in Meck-Pom gefressen werden, wird man wohl wenigstens eine Null vergessen haben.

Bezüglich des Aalanteils in der K-Nahrung ist immer spannend, worauf sich die Prozente beziehen. In der Regel geht es um den Biomasseanteil in der Nahrung. Da klingen 3 - 6 % wirklich minimal. Wenn man dann aber mal nach Stückgewichten und Stückzahlen fragt, ändert sich die Perspektive.

Das Durchschnittsgewicht von Aalen in der Nahrung von Brandenburger Kormoranen wurde seinerzeit mal mit 142 Gramm beziffert. Auf die Art erklärt sich dann, dass zumindest rechnerisch im deutschen Einzugsgebiet von Elbe und Oder mehr Aale durch Kormorane aus den Gewässern geholt werden, als die in dem Gebiet tätigen Erwerbsfischer anlanden. Und ich bin mir fast sicher, dass Du deren Einfluss auf den Aalbestand nicht unter den Tisch fallen lassen möchtest. ;)

Viele Grüße

Lars
 
Mit Kormoranen gemeinsam fischen

Bin gerade über eine Seite des NaBus gestoßen, die mich doch sehr schmunzeln lassen musste.

http://www.nabu.de/aktionenundprojekte/vogeldesjahres/2010-kormoran/meldungen/12166.html

Demnach werden in Zukunft auf unseren Ruten zu jeder Seite ein Kormoran sitzen.

Der Angler, welcher den NaBu bei dem "Projekt" begleitet hat, verschweigt wohl nicht ohne Grund seinen Namen.

Es ist nun möglich, für uns besonders wichtige Fische aus dem Schnabel des Vogels zu befreien und diese wieder dem Gewässer zuzuführen. Das ist überzeugend“, so ein Vertreter aus dem Angler-Team,

Wen ich sowas lese, bekomme ich Kopfweh vom Schütteln.

LG Torsten
 
April, April

Bin gerade über eine Seite des NaBus gestoßen, die mich doch sehr schmunzeln lassen musste.

http://www.nabu.de/aktionenundprojekte/vogeldesjahres/2010-kormoran/meldungen/12166.html

Demnach werden in Zukunft auf unseren Ruten zu jeder Seite ein Kormoran sitzen.

Der Angler, welcher den NaBu bei dem "Projekt" begleitet hat, verschweigt wohl nicht ohne Grund seinen Namen.



Wen ich sowas lese, bekomme ich Kopfweh vom Schütteln.

LG Torsten

Dann achte mal aufs Datum.... :shock
 
An Deiner Stelle würde ich Kopfweh bekommen, wenn ich mir das Datum der Veröffentlichung ansehe....
 
Es gibt Bewegung in Sachen Kormoranmanagement. Die EU-Kommission ist der Aufforderung des EU-Parlaments nachgekommen und hat einen Leitlinienentwurf zur Anwendung des Artikel 9 der EU-Vogelschutzrichtlinie (Ausnahmen von Schutzbestimmungen) erarbeitet und zur Diskussion gestellt. Den Entwurf (englisch) kann man unter folgendem Link abrufen: http://circa.europa.eu/Public/irc/e...orants/guidance_document&vm=detailed&sb=Title

Viele Grüße

Lars
 
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