Gewässerschutz -  Lachsflucht

Blaukorn

Profi-Petrijünger
Habe gerade in der norwegischen Zeitung „Haugesund Avis“ die Nachricht gelesen, daß auf der Insel Bømlo, während eines Sturmes das Netz einer Lachsfarm beschädigt wurde. 115.000 Lachse konnten entfliehen. Eine Katastrophe für die Betreiber.
Über die Größe der entwichenen Tiere wurden keine Angaben gemacht. Das ist m.M. nach auch unwichtig, denn sie werden heranwachsen und bei der Fortpflanzung die Gene der natürlichen Bestände verändern, verfälschen und schlimmer noch, schädigen.
Nur eine Katastrophe für die Betreiber oder auch eine Katastrophe für den Bestand an Wildlachsen?
Eure Meinung?

Hilsen
 
Hi Blaukorn,

je nach Größe und Ort der Zuchtstation werden wahrscheinlich
ein Großteil der Lachse verputzt, da den Fischen die in
Gefangenschaft aufgezogen wurden die Instinkte nicht
so ausgeprägt sind.
Sie werden ähnlich wie bei frisch gesetzten RBF erst einmal
im Schwarm umher ziehen und sind so eine leicht Beute.

Gruß

Holger
 
@Thomsen

Wow :eek:

bei diesen Mengen an entkommenen Lachsen denke ich auch das es
Probleme gibt.
Bei meinem ersten Posting dachte ich an einen unserer
Vereinsseen als frische RBF gesetzt wurden.
Es bildeten sich zwei Schwärme die langsam dahin zogen und in einem
Abstand con 20 bis 30 Metern wurden sie von ein paar Hechten
flankiert, die Ihnen im selben Tempo folgten.

Gruß

Holger
 
gegele schrieb:
Ja und wie ist das mit dem Instinkt? Wiesen die überhaupt wo sie aufsteigen müssen oder gehen die einfach mal pauschal in irgend
einen Fluß hoch?

Am Anfang jeder Zuchtlinie muss einmal der Einsatz einer Wildform gestanden haben ... selbst dann, wenn nur abgestriffen und nachfolgend künstlich befruchtet wurde.

Ich gehe davon aus, dass die Zuchtlinien in das Geburtsgewässer der Wildform zurückkehren werden, denn sie bleiben Abkömmlinge derselben und tragen somit (wahrscheinlich) die genetisch verankerte Information, wohin sie letzendlich müssen ...

Bei Lachsen dürfte der Geruchs-/Geschmackssinn ausschlaggebend für das Wiederauffinden ihres Geburtsortes sein ... sie sind imstande, einen irrsinnig winzigen Konzentrationsgradienten bis zu seiner Quelle hin zurückzuverfolgen.

Viele Tiere haben einen sensorischen Apparat, von dem wir nur zu träumen vermögen ... anderes Beispiel: Orientierung am Erdmagnetfeld.
 
hallo leute,
ich hab hier was aus meiner halbjahresarbeit, was dazu passen könnte.

Lachszucht​

Lachszuchten im großen Stil sind eine Bedrohung für die wildlebenden Bestände,die oft in unmittelbarer nähe zu den Zuchtfarmen leben,denn Lachse in Zuchtkäfigen müssen gefüttert und gegen Krankheiten behandelt werden. Netzkäfige (oder andere "Behälter") die im offenen Wasser verankert sind, stellen keine Barriere für Parrasiten und Krankheitserreger da, die bei den dicht an dicht gedrängten Tieren gehäuft auftreten und von hier nach außen dringen. Dazu kommt noch, das in Norwegen jährlich eine halbe million Lachse aus den Zuchtkäfigen entkommen. Das ist einer von vier Norwegischen Lachsen. Zuchtlachse haben allgemein kein gut ausgebildetes Immunsystem und tragen Krankheitserreger in die Wildpopulation. Das Leben in Käfigen kann dazu führen, dass die Fische ihren Wandertrieb verlieren.Die Vermischung von Zucht- und Wildlachsen in der Natur führt schließlich dazu, das eine Vermischung des Geen-pools stattfindet, wodurch die Wiederstandsfähigkeit geschwächt wird.
mfg
hooligan
 
Das "Verunreinigen", also Vermischen natürlicher Lebensformen mit (bedauernswerten) genmanipulierten Kreaturen ist ja nichts neues.

Wird auch in der Landwirtschaft billigend in Kauf genommen, da durch Freilandkulturen unvermeidbar. Die Folgen sind nicht einschätzbar, und vermutlich katastrophal.

Bei den entflohenen "fischähnlichen Kreaturen" handelt es sich ja nun auch um Freilandkulturen, aufgrund völlig unzureichender Sicherheitsmaßnahmen derjenigen die ihr Geld mit so etwas verdienen.

Bleibt nur zu hoffen daß die Nachkommenschaft solcher manipulierten Kreaturen, auch als Kreuzungen mit echten Lebensformen unter natürlichen Bedingungen keine wirkliche Überlebenschance hat. Ich hoffe nur, daß die geniale Natur einen solchen Mechanismus eingebaut hat...

Ansonsten Prost Mahlzeit
 
Zuletzt bearbeitet:
Pescador schrieb:
Das "Verunreinigen", also Vermischen natürlicher Lebensformen mit (bedauernswerten) genmanipulierten Kreaturen ist ja nichts neues.

Bleibt nur zu hoffen daß die Nachkommenschaft solcher manipulierten Kreaturen, auch als Kreuzungen mit echten Lebensformen unter natürlichen Bedingungen keine wirkliche Überlebenschance hat. Ich hoffe nur, daß die geniale Natur einen solchen Mechanismus eingebaut hat...

Ansonsten Prost Mahlzeit
moin,

genau richtig analysiert Pescador. Was für genetisch veränderten Mais gilt, gilt so natürlich auch für die Zuchtlachse.
Aber ein paar Punkte die angeklungen sind muß man doch grade rücken:
Das Hauptproblem bei den Zuchtlachsen ist nicht die eigene Anfälligkeit gegenüber Krankheiten. Das würde sich in der Tat von selbst "wegmendeln". Das Problem liegt in der Massentierhaltung, also zu viele Tiere auf zu engem Raum. So wie sich die Vogelgrippe in Geflügelzuchtanlagen sehr schnell ausbreiten kann, finden Parasiten und Krankheitserreger in Lachszuchtanlagen optimale Bedingungen. Der nächste potentielle Wirt schwimmt ja nur einen Flossenschlag neben dem bereits erkrankten Fisch. Damit das nicht zu einem "Totalausfall" des Zuchtbestand führt, muß prophylaktisch mit Antibiotika gearbeitet werden. Den Lachsen macht das zunächst nichts aus. Die bekämpften Krankheitserreger reagieren auf diesen Massenbeschuß an Medikamenten mit Resistenzbildung. Das führt wie in einer Art Spirale dazu, dass immer neue und höher dosierte Antibiotika eingesetzt werden müssen.
Die nun resistenten Bakterien stellen für die Wildpopulation die eigentliche Gefahr da.

Ein zweiter Punkt ist die massive Fütterung die, wenn sie unkontrolliert stattfindet (viel hift viel) u.a. zur Überdüngung der Gewässer im weiteren Umkreis der Anlage führt. Unter diesen grade für Lachse ungünstigen Bedingungen leidet dann das Immunsystem der Fische. Überschüssige Nahrung lockt weitere Arten an, die dann auch gleich unter dem Keimcocktail zu leiden haben.

Entkommene und ansonsten nicht geschädigte Zuchtlachse stellen zwar theoretisch eine Gefahr für die Wildform dar, die "geniale Natur" hat hier tatsächlich einen Mechanismus entwickelt, der dazu führt, dass sich die "dominanten" - und damit für das Leben in freier Wildbahn notwendigen Eigenschaften - durchsetzen. Dafür braucht es aber Zeit und falls der "natürliche Genpool" nicht schon zu weit ausgedünnt wurde, auch entsprechend naturbelassene Habitate in denen sich die Wildformen gegen die Zuchttiere durchsetzen können.

Gruß Thorsten
 
Harzer schrieb:
So änlich sehe ich es auch. Jedoch gehe ich davon aus das die norwegischen
Lachserzeuger nicht mehr unkontrolliert füttern wie zu Anfangszeiten.
Sie müssen auch kostengünstig produzieren um Ihren Fisch mit Gewinn loszuwerden.
Die Konkurenz ist groß. Deswegen werden sie schon ein ausgeklügeltes Programm
entwickelt haben um den Wirkungsgrat des Futtereinsatzes optimal zu
halten.
Hi Armin!

Genau wie Du gehe ich davon aus, dass die Erzeuger die Effizienz ihrer Fütterung möglichst optimal gestalten.

Das Problem der Überdüngung der Gewässerbereiche, in denen die Zuchtfarmen liegen sehe ich trotzdem als bedrohlich an. Der Grund liegt vielmehr in der Masse an fressenden und verdauenden Lebewesen, die auf einem Fleck eingepfercht sind. Sie produzieren unmengen Dung, der anders als bei freilebenden und umherziehenden Fischen auf einem kleinen Areal des Meeres hängen bleibt und somit diesen Bereich düngt. Die Algen in diesem Bereich werden explosionsartig wachsen und die Folgen solcher Überdüngung sind uns allen bestens bekannt.

Das Problem ist nach meiner Ansicht eher, dass durch menschliches Eingreifen zu viele Lebewesen auf einem Haufen leben. Da ist es fast unerheblich ob zu viel oder optimal gefüttert wird.


Die Lachsfarmen sind, wie ich finde, nur ein trauriges Beispiel für die überpopulation unseres Planeten mit einem fressgierigen zweibeinigen "interlligenten" Wesen.
Einerseits in Segen, weil sie einer Überfischung der freien Lachsbestände entgegenwirken, andererseits eine Gefahr, da ihre Auswirkungen auf unsere Umwelt - wie bei fast allem was der Mensch so in die Landschaft setzt - erst dann entdeckt werden, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.
 
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