Biologische Grundlagen -  Physiologie: Ionen- u. Osmoregulation b. Süß- u. Salzwasserfischen

Thomas II

Neuer Petrijünger
Hallo Kollegen,

heute wollen wir uns damit beschäftigen, welche Anforderungen die sog. osmotischen Gesetze (und Werte) an Süß- u. Salzwasserfische stellen.

Dazu gehört Osmose erst einmal definiert ... was ist das eigentlich?

Osmose ist das physikalische Bestreben von Wasser, in Richtung eines Bereichs höherer Konzentration durch eine semipermeable Membran (etwa eine Zellmembran oder eine Körperoberfläche) fließen zu wollen, also für eine Annäherung der Konzentrationen, einen Konzentrationsausgleich zwischen innen und außen sorgen zu wollen ... das dürfen wir als ein Naturgesetz auffassen.

Welche Probleme verbinden sich für Organismen mit den vorherrschenden osmotischen Werten in ihrem Lebensraum? Genau das wollen wir nun näher beleuchten ...


Das Leben ist im Meer entstanden ...

Bei allen Lebewesen zeigen die extrazellulären Flüssigkeiten auffallende Ähnlichkeit zu Meerwasser, nämlich hohe Konzentraton von Natrium- (Na+) u. Chloridionen (CL-) sowie niedrige Konzentration von Kaliumionen (Ka+).

Im Innern der Zelle herrschen genau die umgekehrten Verhältnisse: niedrige Konz. von Na+ u. Cl-, hohe Konz. von K+ (sowie organischen, negativ geladenen Ionen).
Anscheinend funktionieren die Prozesse im Inneren der Zelle besser bei Ionenkonzentrationen, die sich von denen des Meerwassers deutlich unterscheiden.


Im Inneren des Körpers bleibt alles problemfrei ...

Obwohl verschiedene Konzentrationen von Ionen (geladenen Atomen oder Molekülen) zwischen den Flüssigkeiten des Zellinneren und -äußeren (Blut u. Zwischenzellflüssigkeit) vorliegen, ist bzw. bleibt der osmotische Wert annähernd gleich hoch.
Um das auch fortwährend gewährleisten zu können, existieren in den Zellmembranen Ionenpumpen und Ionenkanäle, um das Milieu im Inneren der Zelle stabil zu halten ... ein ausgeklügeltes System, es kostet aber Energie.

Probleme können also nur gegenüber dem Außenmedium bestehen, Süß- oder Salzwasser ... die Probleme schauen wir uns näher an, denn die sind ziemlich interessant.

Wir fangen mit dem Süßwasser an, denn:


Der Ursprung aller Wirbeltiere liegt im Süßwasser ...

Im Süßwasser? Das heißt ja? :confused: :eek:
Richtig ;), dass z.B. Haie evolutiv im Süßwasser entstanden sind ... sie haben den Lebensraum Meer erst sekundär für sich erschlossen und sich auch physiologisch angepasst.
Wer von euch hätte das geahnt ...? ;)

Das Leben im Süßwasser ist eine Extremsituation: der osmotische Wert im (Körper)Inneren ist wesentlich höher, ein Süßwasserorganismus muss sich durch verschiedene Mechanismen davor schützen, dass Wasser in seinen Körper eindringt.

Anschaulich: immer mehr Wasser dringt ein, die Zellen blähen sich auf, bis die Zellmembranen dem Innendruck nicht mehr standzuhalten vermögen ... die Zellen platzen, Exitus!

Erste Schutzfunktion bieten die äußersten Hautschichten, das 'schimpft' ein Biologe übrigens Integument (meinetwegen 'äußere Schutzhülle').

Wie schützen sich Süßwasserorganismen also?
1. Kein Trinken von Süßwasser
2. Exkretion von großen Mengen wasser-verdünnten Harns
3. Aktive Ionenresorption (Rückgewinnung) an den Kiemenepithelien (Oberflächen)

Und Salzwasserfische? Da sieht es genau anders aus ...


Die Devise der Salzwasserfische: bloß kein Wasser verlieren ...

Im Verhältnis zur Umgebung haben Salzwasserfische ein osmotisch niederwertigeres Körpermilieu, d.h.: sie laufen Gefahr, ständig Wasser, das sie für alle lebenserhaltenden Prozesse benötigen, an ihre Umgebung zu verlieren.
Eben weil die Konzentration (der osmotische Wert) im umgebenden Salzwasser höher als im Körperinneren ist ...

Anschaulich: es würde beständig Wasser an die äußere Umgebung verloren, die Zellen ziehen sich zusammen, bis sie letzendlich kollabieren. Exitus!

So schützen sich Salzwasserfische:
1. Trinken großer Mengen von Salzwasser
2. Exkretion kleiner Mengen möglichst unverdünnten Harns (sonst droht Wasserverlust!)
3. Aktives Ausscheiden von Ionen über die Kiemenoberfläche


Süß- u. Salzwasserfische sind Osmoregulatoren ... sie erhalten ihr inneres Milieu unter Energieaufwand gegen einen Gradienten nach außen hin aufrecht.

Bei Süß- u. Salzwasserfischen ist der innere osmotische Wert gleich ... gleichzeitig ein evidenter evolutiver Beweis dafur, dass beide Gruppen über Süßwasserformen entstanden sind.
Während ein Süßwasserfisch noch mit einem Gradienten von 35% zu kämpfen hat, hat sich eine Anodonta (Teichmuschel) bereits auf einen Gradienten von 5% angepasst.

Evolutiv mussten sich Wirbeltiere also auch in Hinsicht auf ihre Organe funktioneller spezialisieren, um die Ionen- u. Osmoregulation bewerkstelligen zu können: so entstanden die wichtigen Nieren im Wirbeltierkörper ...

Man kann es sich aber auch 'einfach' machen, indem es einfach keinen osmotischen Wertunterschied zwischen Außenmedium und Körperinneren gibt (sog. isosmotische Tiere).
So halten es marine wirbellose Tiere, sie sind sog. Osmokonformer.
Schwankungen außen bedeuten Schwankungen innen!


~~~
Zum Schluss stellt ihr euch vielleicht 2 Fragen ...


1) Netter Vortrag soweit ... solche Probleme kenne und habe ich aber nicht.

Irrtum ... schon mal Alkohol über den Durst getrunken?

Euer Kater beruht ebenfalls auf Defiziten innerhalb der Ionen- und Osmoregulation. Ihr habt in der Kneipe noch beim Wasserlassen zugeschaut, wie euer Harn immer farbloser und somit verdünnter wurde. ;)
Am nächsten Tag fehlen euch wertvolle Ionen und euer Körper hat einen mächtigen Wasserverlust erlitten, ihr seid leicht dehydriert, habt also den besagten (verdienten) Kater ;)

Das ist der 'Brand' ... euer Körper schreit nach fehlenden Ionen und fehlendem Wasser.
Viele Sportdrinks weisen euch im Werbetext bereits darauf hin. die wollen nämlich isosmotisch sein ;)
Wenn ihr zuviel Kaffee trinkt, verliert ihr bei der Exkretion ebenfalls zuviel Wasser und müsst es bilanziert nachtrinken, um den Kaffee letztendlich losgeworden zu sein.

2) Wie kommt der Kerl (das soll ich jetzt sein) dazu, genau jetzt diesen Beitrag zu schreiben?

Ganz einfach: wir hatten in letzter Zeit einige Beiträge, die über den Fang von Flundern im Oberlauf von Flüssen berichtet haben:
https://www.fisch-hitparade.de/angeln.php?p=49103#post49103

Ihr könnt jetzt vielleicht ermessen, welche physiologische Leistung das für eine Flunder ist (obwohl die Ostsee ein ausgesüßtes Randmeer ist).
Bzw.: welch breites Spektrum von ökologischen Möglichkeiten (Lebensraum) eine Flunder hat.
Wahrhaft eine physiologische Meisterleistung ...!

Oder warum bei ana-(Lachs) bzw. katadromen (Aal) Laichwanderungen so häufig das Verscheiden des Fisches das Endergebnis ist ...

Etwa 30% des körperlichen Energiebedarfs entfallen auf den Betrieb der besagten Natrium-/Kaliumpumpen in der Zellmembran zur Ionenregulation.

Unter dem Strich ist ein solcher Mileuwechsel zum Zwecke des Ablaichens sehr sehr anstrengend.
Mit bekanntem Ergebnis ... nach dem Ablaichen fällt dann oftmals die letzte Klappe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Thomsen schrieb:
Dazu gehört Osmose erst einmal definiert ... was ist das eigentlich?

Osmose ist das physikalische Bestreben von Wasser, in Richtung eines Bereichs höherer Konzentration fließen zu wollen, also für eine Annäherung der Konzentrationen, einen Konzentrationsausgleich sorgen zu wollen ...
.

...noetig dafuer ist das vorhandensein einer halbdurchlaessigen Membran...
 
Hallo Thomsen

Wollte auch mal meinen Senft dazu geben: :)

Als Osmose bezeichnet man das Hindurchtreten (Diffusion) von Flüssigkeitsmolekülen durch eine halbdurchlässige Membran (Wand) mit der Tendenz die Konzentrationsunterschiede beider Seiten auszugleichen.

Gruß Flußfischer
Petri
 
Hmmm ... hatte ich das gar gänzlich anders formuliert? ;)

Schön, dass sich für dieses 'trockene' Thema wieder mal ein Leser gefunden hat ...
 
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