Angelstories -  Wie alles anfing!

Pitti

Profi-Petrijünger
Wie alles anfing!

Eigentlich kann ich mir gar nicht erklären warum alles so gekommen ist. Nun gut, beim Karpfenfischen war ich schon das eine oder andere mal etwas extrem. Aber das war ja auch nötig um Erfolg zu haben. Tagelanges Ansitzen, um endlich dem See seine geheimnisvollen Fische zu entlocken, waren der Preis dafür. Im Gegensatz zum Friedfischangeln in der Havel war bei Erfolg ein klasse Drill der Lohn der Mühe. Ich kann heute gar nicht mehr sagen wie viele Stunden meines Lebens ich mit dem Ansitz auf Karpfen am Wasser verbracht habe. Ich denke es waren sehr viele, auch die Erfolge wurden immer besser, sie wurden so gut, dass ich Karpfen fing zu jeder Jahres- und Tageszeit. So wurde ein Wechseln zu einer anderen Angelart nötig, Raubfischen auf Hecht, Barsch, Zander und Co. schienen mir Ideal. Anfänglich als noch erlaubt mit lebendigen Köfi, dann mit toten, und zuletzt mit Kunstködern. Der Erfolg lies auch nicht lange auf sich warten, oh, wie wurde ich verwöhnt von unserem Vereinsgewässer. Bis zu dem Tage, wo alles anfing. Ich werde diesen Tag nie vergessen. Mein Angelkumpel Andy und ich

waren auf Zander aus, und hatten uns mit Köfis am späten Nachmittag eingedeckt. Die Aprilsonne heizte schon ganz schön am Tage und so war das Wasser auch schon ziemlich aufgeheizt. Das Echolot zeigte 12°C an. Ungefähr 30 muntere Güstern und Plötzen von 7-15cm schwammen im Köderfischeimer. Wir waren gerüstet, wussten aber noch nicht genau, wo wir eigentlich unsere Köfis anbieten sollten, aber wir hatten ja das Echolot dabei und waren guter Dinge. Auf der Suche nach einem geeigneten Platz, viel uns ein Loch von 3,5m Tiefe auf, wo einige Fische übereinander standen, die wir für Zander hielten. Nach mehrmaligen überfahren der Stelle und der Bestätigung des Bildschirms, waren wir uns einig. Wir platzierten das Boot zwischen dem Loch und dem Ufer. Am Loch stand eine Hinweisboje, die das Ende der Schwimmstrecke des öffentlichen Halenseebades anzeigte. In der Abenddämmerung waren unsere Ruten schnell montiert und das Angeln konnte beginnen. Andy stellte seine Montage auf 2,0m Tiefe ein, ich auf 3,0m. Die Köderfische legten auch gleich los, sie schienen sehr nervös zu sein, denn sie versuchten immer wieder zur Oberfläche zugelangen, was sich durch hinlegen unserer Posen abzeichnete. Das Spiel ging so 5 Min, dann war plötzlich Ruhe. Keine Bewegung mehr war an unseren Posen wahrzunehmen, was war das bitte schön??? Wir beide hatten große Fragezeichen auf der Stirn, also nachschauen.
Beide holten wir die Ruten ein und mussten feststellen, die Köderfische waren tot. Auch bei noch so genaueren betrachten viel uns nichts auf. Also neu beködern und wieder an die gleiche Stelle. 5Min später das gleiche Spiel, Köfis tot und keine Verletzungen am Fisch zu sehen. Nun war guter Rat teuer, wir entschlossen uns die Tiefe zu ändern, vielleicht war ja zuwenig Sauerstoff da unten, aber dann konnten das ja keine Zander auf dem Echolot gewesen sein oder? Posen also auf 1,5m, da musste ja genug Sauerstoff sein, es war ja noch recht kühl in der Nacht und die Frühjahrszirkulation war noch in gang, dachten wir uns. Also Posen mit geringerer Tiefe wieder an die selbe Stelle , nach 5Min das gleiche, jetzt waren wir ratlos, keiner von uns hatte eine Erklärung dafür. So entschlossen wir uns sofort anzuschlagen wenn die Posen umkippten. Auch das brachte nur Frust, nachdem nun 2/3 unserer Köderfische tot neben uns lagen, entschloss ich mich meinen neuen Köderfisch am Ufer in Vorfachlänge (50cm) anzubieten. Andy angelte an der gleichen Stelle weiter, aber mit toten Köfi. Der erste Einwurf meines Köderfisches brachte ein nervöses wegschwimmen von der Uferkante zustande, mit einigen untertauchen des Schwimmers. Das ging so drei vier mal, er war einfach dort nicht zu halten. Der Köderfisch kam genau auf das Boot zu, also wieder an die Uferkante werfen, die etwas kleiner als eine Handflächen große Güster landete 1m vor dem Ufer, die Pose richtete sich kurz auf und wurde gleich darauf unter Wasser gerissen. Zuerst dachte ich, heute klappt aber auch gar nichts. Im Lichtschein der Laterne vom Grundstück konnte ich anhand der schwimmenden geflochtenen Schnur sehen, das die Güster wieder auf das Boot zukam. Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein, aber diesmal war etwas anders, die Geschwindigkeit der Güster schien schneller zu sein, als zuvor. Andy der mittlerweile immer wieder mal einnickte, schien nun ganz zu schlafen und gab meinen Kommentaren keine Beachtung mehr. Nun wurde mir die ganze Situation etwas seltsam. So schnell konnte doch eine Güster gar nicht mit Pose im Schlepptau sein und so lange hielt sie die Pose auch noch nicht unter Wasser. Ich nahm vorsichtig Fühlung zur Güster auf, ich bemerkte das sie schon kurz vorm dem Boot war. Die Schnur spannte sich und ab da, war mir bewusst das es niemals die Güster war, die dort am anderen Ende zog. Ich schlug an und sagte laut: „Andy, Andy Biss nimm die Ruten raus“. Meine Rute bog sich beängstigend, ich war überzeugt ,einen sehr großen Zander dran zu haben. Andy war tief eingeschlafen und reagierte erst kaum, ganz verdattert und verschlafen fragte er:,, Haste was dran?“ Ich sagte:,, JA“, nimm die Ruten raus, schnell es ist ein Großer. Andy kam nicht mehr dazu, der Fisch zog um die Bootsspitze und sammelte beide Ruten von Andy ein. Andy nahm seine Ruten hoch und die Schnüre kamen mir irgendwie entgegen, ich ergriff beide Schnüre und durchtrennte sie mit der Zigarette die ich im Mund hielt. Somit war die Gefahr der Verwicklung gebannt. In der einen Hand hielt ich nun die durchtrennten Schnüre von Andys Ruten, in der Anderen die Rute mit dem beängstigt stark ziehenden Fisch, der kreisend um das Boot schwamm. Ich drückte Andy die Schnüre seiner Ruten, mit einem sehr schlechten Gewissen in die Hand, der mich darauf etwas ,,säuerlich“ ansah. Aber was sollte ich machen es ging ja alles so schnell, meine zweite Rute stellte dann ein weiteres Hindernis da ,was aber glücklicherweise gut ging ohne die Montage zu kappen. Immer wieder versuchte der Fisch in die Tiefe zu entwischen, aber meine zweckentfremdete Karpfenrute von Shimano (Twinpower) federte alle Fluchtversuche bestens ab. Nach der dritten Runde und der zweiten Verbeugung von Andy vor meiner um das Boot kreisenden Rute, die zum Glück 3,6m lang war, ansonsten hätte ich den Fisch nicht auf Distanz von den Steckstangen halten können, sahen wir zum erstenmal einen weißen Bauch.
Immer noch war uns nicht bewusst, was da am Haken war. Beide starrten wir in die Dunkelheit. Niemand von uns kam auf die Idee mal eine Lampe anzumachen. Wie gebannt blickten wir auf das Treiben des Fisches ,der sich drehte und wehrte. Langsam wurde mein Gegenüber aber müde und zeigte des öfteren seinen weißen Bauch. Nun wurde es Zeit für das Keschern, Keschern? Wo war der Kescher, nah wie immer, noch in der Rutentasche. In aller erdenklicher Panik wurde nun die Suche nach der Rutentasche sowie des darin befindlichen Keschers gestartet. Dieser wurde auch schnell gefunden, aber es dauerte für mich eine kleine Ewigkeit, bis er entwickelt und entheddert war. Nun endlich war auch eine Lampe an, und ich glaube wir staunten nicht schlecht, was sich da als großer Zander entpuppte. Zwei winzig kleine stecknadelgroße Augen blitzten im Taschenlampenlicht. Ein Wels hatte die Güster genommen, Mann, mein erster Wels! Was für ein Erlebnis!



Meine Knie wollten gar nicht mehr aufhören zu zittern, Andy kescherte geschickt den Fisch und dann setzten wir uns und bestaunten den Fang. Nachdem ich den Fisch abgehakt hatte, setzte ich ihn erst mal in meinen 4m langen Setzkescher, ich wollte ihn, wenn es hell ist wiegen und messen. Leider hatte ich damals noch keine Kamera dabei und so bleibt nur die Erinnerung. In dieser Nacht war das der einzige Fisch den wir gefangen haben. Nach dem Wiegen und Messen ( 20Pfund bei einer Länge von 1m) am Tage, bekam er seine Freiheit wieder. Aber eins kann ich Euch sagen, damit waren Andy und ich angesteckt vom Wallerfieber und unser ganzes Anglerdasein, hat sich damit total verändert. Massenfänge von Welse sind mir nicht bekannt, abgesehen die im Ausland. Seit nun 5 Jahren stelle ich den Welsen intensiv in unseren Gewässern nach und in den fünf Jahren habe ich den einen oder anderen erwischt.
Jedoch habe ich mehr Schneidertage, ja sogar Schneidermonate erlebt, wie bei keiner anderen Fischart. Und doch, es lässt mich einfach nicht mehr los! Seid auf der Hut, damit es bei euch nicht auch anfängt und Ihr eines Tages sagt: Eigentlich kann ich mir gar nicht erklären warum alles so gekommen ist.

Petri heil
Pitti
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallöchen Pitti und willkommen im Forum,

trotz des langen Textes muss man bei Deiner spannenden Erzählweise bis zum Ende lesen. Echt superklasse! :klatsch :klatsch :klatsch

Das Gefühl beim landen des ersten Welses ist wirklich unvergesslich. Auch ich erinnere mich gerne an den ersten kleinen Wels.

Schade, dass Du soweit weg vom Schwarzwald wohnst, sonst hätten wir mal 'ne Tour machen können.

Schöne Grüße

Spezi
 
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