Allgemein -  Neulich am Forellensee

Tacklebrother

Allrounder
Vor einigen Tagen an Forellenseen in Belgien, Aachener Grenzgebiet: Kurz nach 6 – eisig kalt und auch noch dunkel. Zu Zweit sitzen wir in dicken Thermozweiteilern auf unseren Klappsesseln. Kurz vorher haben wir jeweils zwei Ruten ausgeworfen, die mit (Bienen-)Maden beködert sind. Sie stehen etwa acht Meter direkt vor uns.
Die beiden Autoscheinwerfer eines Kleinbusses biegen um die Ecke, strahlen auf uns. Zwei Männer steigen zwanzig Meter entfernt aus dem Auto, zusammen mit offensichtlich ihren fünf Söhnen: vier Jugendliche und ein Kind von etwa zehn Jahren. Alle richten sich einen Platz am Teich ein und packen ihr Angelgerät aus. Wir trauen unseren Augen nicht: Wasserkugeln mit einem Durchmesser stattlicher Mandarinen. Die Dicke des Spitzensegmentes ihrer Angelruten lässt auf Gerät schließen, das seine Daseinsberechtigung in einem norwegischen Fjord hätte – keinesfalls aber an einem Forellensee in der belgischen Einöde. :shock Alle besitzen eine einheitliche Ausstattung.
Kurz darauf schnellen Wasserfontänen aus der Teichmitte hoch: Die Jungs haben ausgeworfen.

Offensichtlich hat der Fluchtreflex einige Forellen in unsere Richtung getrieben: Erst ziehe ich eine Portionsforelle an Land, dann mein Angelkumpel drei Stück in relativ kurzer Zeit. Das bleibt auch unseren neuen Nachbarn nicht verborgen. Keinen Meter neben einer unserer Posen landet eine Wasserkugel, gefolgt von einer hastigen Entschuldigung und unserem Kopfschütteln. Ein Fehlwurf? Ich glaube es nicht, sehe aber beim Einholen einen Haken am gestreckten Vorfach, den ich auf die Größe 2 schätze, mit einer Portion Powerbait, an der ausgewachsene Exemplare etwas zu kauen hätten.

Nach etwa einer Stunde läuft es endlich wieder bei uns: Kein berauschender Tag, aber es läuft ganz passabel. Nebenan nicht. Offensichtlich beginnt eine angeregte Fehlerdiagnose. Wir hören sie in gebrochenem Deutsch, gemischt mit ein paar Fetzen russisch. Jetzt sehe ich auch das Nummernschild: Litauen. Dem Gerät nach zu urteilen, kommen die Petrifreunde offensichtlich direkt von einer Küstenregion.

Irgendwann holt einer von ihnen Schnur ein: Eine Forelle ist gehakt – offensichtlich muss das Tier in suizidaler Absicht gebissen haben, keine andere Erklärung fällt mir dazu ein. An der Wasserkugel war der Biss bestimmt nicht zu erkennen. Vielleicht haben wir aber gerade eine neue Methode für den Forellensee vorgestellt bekommen: Selbsthakmontage an der Wallerkugel?!:hahaha:

Ausbleibender Erfolgt treibt einen Kundschafter zu uns: „Wieso fangt ihr, obwohl ihr nur ein paar Meter neben uns sitzt? Was habt ihr für Köder? Maden? – Wir doch auch…
Der Misserfolg wurmt auch den 10-Jährigen. Er läuft als einziger um den See und testet verschiedene Stellen. Als er bei uns vorbeikommt, schenke ich ihm ein gebundenes Vorfach mit 10er Haken und eine 3g Balsapose. Ein uraltes Ding aus einem Winkel meines Angelkoffers. Ich kann es verschmerzen und der Einsatz des Jungen wird belohnt: Etwa nach einer halben Stunde des Umbaus, schleppt er mit breitem Grinsen eine Portionsforelle an.

Jetzt kapiert auch der Letzte von ihnen, dass ihre Gerätschaft wohl nicht ganz richtig gewählt ist. Mangels Ausrüstung haben sie aber keine Alternative. Langsam macht sich Frust und Langeweile unter ihnen breit. Wir packen langsam ein, während unsere Petrinachbarn anfangen, sich mit Böllern zu bewerfen.:tocktock: Der Betreiber ist nicht in Hörweite.

Wir steigen ins Auto und ziehen Resümee: Elf Forellen. Unsere Nachbarn haben zwei Stück.
Heute Abend ist bei den Russen wohl „Schmal-Hans“ Küchenmeister…
 
Sehr schöner Beitrag :) Schön geschrieben und sehr amüsant :D

Ja die Leute, die mit Kanonenkugeln angeln gehen, kenne ich auch :) Sieht immer wieder gut aus !
 
finde ich schade sowas, besonders wenn kinder dabei sind, aber dem einen habt ihr ja geholfen.
trotzdem kann ich das gut nachvollziehen, manche leute wissen es halt nicht besser, da finde ich jedoch aufklärungsarbeit angebracht
trotzdem sehr unterhaltsam zu lesen!
 
Solche Situationen kenne ich zu gut , habe dann (grade im Sommer) immer das Gefühl die wollten die an der Oberfläche rumdümpelnden Forellen totschmeißen ... noch lustiger wirds wenn ein Karton Vodka mit im Spiel ist . Dann gibts ab ca 12 Uhr immer viel zu lachen :prost
 
Ich hatte letztes jahr auch solch ein Erlebnis. Neben uns richteten zunächst zwei Herren aus dem orientalischen Raum (Türken schreibt man ja nicht, sonst wird man schief angeguckt :)) ihre Angelplätze ein.

Mit etwas Mißtrauen bzw. Argwohn beobachteten wir, wie an einer Rute, die ich eher als grundsolide Pilke bezeichnen würde, eine Wasserkugel Kaliber Kinderkopf befestigt wurde und an dem zweiten Stecken (gefärbtes Spitzensegment - ich schätze mal eine Aalrute so um die 90gr WG) eine Posenmontage, die selbst eingefleischten Hechtjägern Erfurcht gebieten würde :shock

Und dann kamen die Auswürfe...

Wie jeder weis, sollte man an einem sonnigen Samstag Nachmittag an einem gut besuchten Teich auswerfen können - zumindest so halbwegs. Nun ... da schien den beiden Jungs vollkommen neu zu sein.

Also kam, was kommen musste: einmal quer über 3 Montagen drüber weg. :eek:

Es wurde hastig eingekurbelt, irgendwas unverständliches in unsere Richtung gemurmelt (als Gutmensch gehe ich mal von entschuldigenden Worten aus) und dabei ein Schnurchaos vom feinsten fabriziert :mad:

Da mir meine Montage nicht ganz unwichtig war, nahm ich das Enttüdeln in die Hand und musste sogleich feststellen, dass die Jungs mit einer Mono fischten, die ohne Untertreibung zumindest für das Abschleppen einen Trabbis gereicht hätte.

Im Laufe der nachfolgenden halben Stunde gesellten sich dann noch 2 oder 3 Herren aus dem selben Ursprungsgebiet zu ihnen, die mit ähnlicher Gerätschaft und zu unserem Leid auch nahezu identisch schlechten Wurftechniken aufliefen, sodass wir uns alsbald entschlossen, resigniert das Feld zu räumen.
 
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