Angelerlebnisse -  1 Woche Schweden pur, Sonne, Sturm, Hagel und Zander

FM Henry

Super-Profi-Petrijünger
Anfang letzter Woche bekam ich von Norbert einen Anruf mit der Bitte, ihm doch das Zanderangeln etwas näher zu bringen und wenn möglich das ganze recht zügig und in Schweden.

Ich war wie von den Socken aber was für andere unmöglich erscheint, weckt das Interesse und die Herrausvorderung in mir und so sagte ich ihm kurzfristig zu.

Fährtickets, Quartier, Boot alles Online gebucht, dank dem Internet heutzutage ja kein Problem mehr.

Jetzt musste ich mir nur noch etwas einfallen lassen, was in Richtung zweistelliger Tagesfangerfolg auf Zander möglich war.

Unser Trip sollte zum Ruskensee in Smaland gehen, wo ich im zeitigen Frühsommer bereits zu Gast sein durfte und daher schon über ein gewisses Erfahrungspotential verfügte.

Sonntag um 3.30 Uhr in der Frühe hatte das Warten endlich ein Ende und wir machten uns kurzerhand Richtung Rostock auf um nach Trelleborg mit der Scandline überzusetzen.

Diese mal durfte Stoffellinchen nicht fehlen und so hatten wir sogar exklusive Unterbringung und konnten die Überfahrt in Ruhe und mit einem Nickerchen hinter uns bringen.





In Deutschland bei Windstille auf den Dampfer und je näher wir an die schwedischen Gewässer schipperten, umso heftiger wurden die Windböen.

In Trelleborg hatten wir es dann mit ausgewachsenen Sturmböen zu tun und zu unserem Übel auch noch mit dem schwedischen Zoll.

Als wir aufgefordert wurden uns zu unseren Autos zu begeben, kamen wir dieser Aufforderung mit Freude nach denn Stoffellinchen hatte sich mittlerweile in eine Quietschbürste verwandelt da es im Gegensatz zu der TT-Line keine Hundeboxen für die Notdurft auf dem Schiff gab.

Im Auto mussten wir dann geschlagene 55 Minuten warten um vom Schiff runter, durch den Zoll und durch dass völlig mit LKWs verstopfte Trelleborg zu kommen.

Der schwedische Zoll hielt es für dringend notwendig, bei Ankunft von zwei Fährschiffen gleichzeitig jeden LKW kurz zu inspizieren, wodurch sich ein ellenlanger Rückstau bildete und unsere Geduld sowie die Dichtigkeit meines Stoffels auf eine harte Probe gestellt wurde.

Kurz hinter Trelleborg, endlich schwedischen Boden zwischen den Pfoten, war ihr die Erleichterung anzusehen und wir konnten unsere Fahrt in Richtung Smaland fortsetzen.

Die erste 50 km vergingen wie im Flug, als es plötzlich anfing zu Regnen und zwar auf schwedische Art.

Überholen von LKWs Fehlanzeige, denn solch schnelle Scheibenwischer hatte die Autoindustrie noch nicht erfunden wie wir sie für einen Überholvorgang gebraucht hätten.

Was soll’s, Hauptsache gesund ankommen und so zuckelten wir gemütlich hinter einer Wasserschleuder namens Reisebus her.

Keine 200 km später konnten wir insgesamt 5 Autos zählen, die allesamt rechts neben der Autobahn zwangsläufig im Straßengraben geparkt waren.

Alter Schwede.

Da waren wohl einige Einheimische noch mit Sommerreifen unterwegs und die Überholmanöver forderten rigoros Blechzoll.

Mit reichlich Verspätung im Gepäck kamen wir dann aber endlich in Langö-Tomteholm
bei Otto und Gabi an und wurden wie selbstverständlich mit Kaffe und Vesper begrüßt.

Durch unsere Verspätung auf der Fähre und das Gezuckel auf der Autobahn war es leider schon dunkel und wir mussten unseren Heißhunger auf Zander auf den nächsten Tag verschieben.

Morgens um 8 in Schweden, Sturm mit Hagelschauern, an eine Ausfahrt auf den Ruskensee war nicht zu denken.

Gegen Mittag ließ der Regen etwas nach und wir beschlossen wenigstens den vorgelagerten Kanal zu beangeln da an eine Bootstour auf den See dank einem Meter Welle nicht zu denken war.

Das Echolot zeigte mir eine Wassertemperatur von etwas über 2 Grad an und Norbert sah zunehmend Sorgenfalten in meinem Gesicht.

Eine ultrastarke Strömung ( Folge der Schneeschmelze und anschließender Regenfälle ) machten uns das Angeln nicht leichter und als auch noch der seitlich kommende Regen mit gelegentlich schirmanhebenden Sturmböen wieder einsetzte, waren wir in kürzester Zeit gebadet und frustriert.

Echte Angler geben nicht so schnell auf und als ein guter, harter Fehlbiss erfolgte, war ich guter Dinge was die Raubfischpopulation im Kanal anging.

Allerdings eine Stunde später ohne weiteren Fischkontakt, mit nassen, eiskalten Hintern und krebsroten Händen gaben wir gefrustet auf und zogen uns in unser Kaminbeheiztes Haus zurück um unser klägliches Versagen bei einem heißen Tee zu diskutieren und die Angelsachen auszuwringen und zu trocknen.



Mein Urteil über den Kanal zu dieser Jahreszeit stand fest, eiskaltes Wasser aus einem ca. einem Meter tiefen Fluss mit 150 km Länge und rasanter Strömung sind zu viel für Futterfische und den Raubfisch- wir müssen auf den See.

Als wir an Land unsere Gliedmaßen wieder zu spüren begannen, mussten wir noch schnell einen Versuch in der Hauptströmung wagen, doch auch der brachte fischtechnisch gesehen keine Besserung.



Am nächsten Morgen begrüßte uns ein einheitliches Grau am Himmel und Windstille mit fast märkischem Landregencharakter.

Nichts wie raus auf den See und Antesten, in welcher Tiefe die Zander lauern um endlich krumme Ruten zu bekommen.



Norbert hatte meinen Rat befolgt und sich eine kurze Bootsrute mit steifer Aktion besorgt was dringend nötig war um auf die mir schon bestens bekannten kurzen Attacken der Zander schnell genug reagieren zu können.

Mein Job war es jetzt nur noch die beißwilligen Zander zu finden und die richtigen Köder.

Mit deutschem Zanderdenken ist in Schweden aber nicht viel Fisch zu holen und so hatten wir bei fast jedem Halt in Tiefen von 5-12 m nur vorsichtigen Kontakt mit den Stachelrittern die sich leider sehr schnell wieder in Luft auflösten.

Ab und an blieb mal einer hängen aber selbst mit Sicherheitsdrilling im Schwanz des Gufis waren oftmals nur die Bisse zu spüren aber nicht zu verwandeln.

Zudem schwieg das Echolot beharrlich und zeigte uns nicht einen einzigen Fischschwarm an, an dem man sich hätte orientieren können.

Da war guter Rat teuer und so erinnerte ich mich daran, dass wir im Frühsommer an einer ganz bestimmten Stelle im See immer am Abend Zander gefangen hatten.

Eine steil abfallende Kante von 3 auf 12 Meter war mein Ziel und in der Abenddämmerung gelang es uns endlich ein paar schöne Fische im Boot zu landen.







Das verblüffende an den Zandern war: Alle Fische nahmen den Köder in 3-4,5m Tiefe, also vollkommen unnatürlich denn hier war nicht ein einziger Futterfisch zu finden.

Die von uns entnommenen Fische an diesem Tag hatten nichts im Magen und standen trotzdem hervorragend im Filet.

Norbert hatte noch mächtig mit den Typischen Anfängerproblemen beim Zanderangeln zu kämpfen und so beschlossen wir zum Trocknen der Sachen einerseits und zum Trocknen von uns selbst die Heimreise in den Hafen anzutreten.

Im Quartier erläuterte ich dem äußerst wissbegierigen Norbert seine Probleme und beantwortete einleuchtend seine Fragen damit er so schnell wie möglich an anständige Zanderfänge gelangen konnte.

Mit dem Wissen, wo sich die Zander aufhielten schliefen wir in freudiger Erwartung dem nächsten Tag entgegen.

Wind aber kein Regen und vereinzelte Sonnenstrahlen ließen unser Anglerherz am frühen Morgen begehrend nach Fisch ruhig und gleichmäßig schlagen



und nach einem ausgiebigen Frühstück waren wir auch schon in der Fangtiefe vom gestrigen Tag aber an einer anderen Stelle des Rusken.

Zwei kurze Fehlbisse beim Schleppangeln mit schweinchenrosa Gufis in 4 m Tiefe und ein guter Biss bei Norbert in 9 m Tiefe ( leider war Norbert gerade zu diesem Zeitpunkt in Gedanken mit einer braungebrannten, barbusigen Schönheit am Strand von Wikiki auf Hawaii bei 30 Grad im Schatten und so verpasste er verdutzt den Anhieb, worauf sein Gesicht schlagartig die Züge eines chinesischen Faltenhundes annahmen und ich vor Lachen fast feucht zwischen den Schenkeln wurde ) gab der Vormittag nicht mehr her und so beschlossen wir nach einem kurzen Zwischenstopp an Land zum Tanken nochmalig die gute aber flache Stelle vom Vortag anzufahren.

Kaum war Norbert sein Gufi im Wasser, war die Rute krumm und leider nach drei Sekunden wieder kerzengerade.

Dieses Spiel wiederholte sich bei uns in den nächsten 10 min. und dann hatten wir uns auf die Zander eingestellt.

In knapp 2 Stunden konnten wir zweistellige Fänge verzeichnen, wobei uns immer noch mindestens die doppelte Anzahl der Fische sprichwörtlich durch die Lappen ging.











Norbert war rundherum zufrieden, Zielvorgabe seinerseits war erreicht und so waren wir nicht minder gespannt auf den nächsten Tag, denn wir hatten die Zielfische gefunden und wollten nun mit den Ködergrößen variieren.

Am Abend, als wir die Fische versorgten, hatten einige der Zander Kaulbarsche von ca. 3-4 cm im Magen und somit war uns schlagartig klar, warum die Zander selbst im Winter so flach gejagt haben.
Kaulbarsche sind standorttreu und die Hauptnahrung der Zander um Ruskensee und wer das beherzigt, der wird hier immer sein El Dorado finden.

Der nächste Morgen weckte uns mit Sturmgeräuschen und ungleichmäßigen Trommeln des Starkregens auf dem Dach und wir waren der Verzweifelung nahe.

Nichts mit Zandern in guter Größe und erstaunlichen Stückzahlen, anhand der Wettervorhersage hatten wir noch mit zunehmenden Winden zu rechnen und demzufolge war auch dieser Tag sprichwörtlich ins Wasser gefallen.



Also zogen wir den Abreisetag kurzerhand vor und beschlossen die Heimreise nach Berlin etwas frühzeitiger als geplant anzusetzen.

Die Scheibenwischer leisteten wieder Schwerstarbeit und die Fähre hatte fast eine Stunde Verspätung aber wer Schweden will, der sollte immer mit Unannehmlichkeiten rechnen.

Ich liebe Schweden.

Gruß Henry
 
Henry, Norbert... ein dickes Petri an Euch zwei.

Klasse Bericht, schöne Bilder. Besonders die dunkel gefärbten Zandern gefallen mir.

Mir fiel bei den Fotos auf, dass bei Deinen Zandern immer die erste Rückenflosse steil nach oben steht. Das sieht klasse aus. Gibt es da eine bestimmte "Haltetechnik"?

Zudem zolle ich Euch :respekt, zu dieser Jahreszeit mal einen Kurztripp nach Schweden zu starten. Ich hoffe, Dein Hund hat die Fährfahrten gut überstanden. So ganz glücklich schaut er beim ersten Foto nicht drein. Hat er etwa die gleiche Kranheit wie ich bei rauhem Seegang?

Am Abend, als wir die Fische versorgten, hatten einige der Zander Kaulbarsche von ca. 3-4 cm im Magen und somit war uns schlagartig klar, warum die Zander selbst im Winter so flach gejagt haben.
Kaulbarsche sind standorttreu und die Hauptnahrung der Zander um Ruskensee und wer das beherzigt, der wird hier immer sein El Dorado finden.

PS: Diese Regel trifft auch auf unsere Zander zu.

Gruß
Bono
 
Sers,
Petri Heil zu den Zandern!!
Wirklich wunderschöne Fische die ihr das gefangen habt. RESPEKT
Klasse Bericht mit tollen Bildern.
Freue mich auf deinen nächsten Schwedentripp.

Mfg Torben
 
Bono

Mir fiel bei den Fotos auf, dass bei Deinen Zandern immer die erste Rückenflosse steil nach oben steht. Das sieht klasse aus. Gibt es da eine bestimmte "Haltetechnik"?



Die Fische sind quicklebendig um in kürzester Zeit wieder in ihrem Element zu sein.

Gruß Henry
 
Servus!

Von mir natürlich auch ein dickes PETRI HEIL!!!

Ein echt gelungener Bericht mit klasse Bildern!


Gruß Red Twister
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Am Wasser lernt man Freunde kennen
 
Hej

Toller Bericht, da dies auch "mein" bevorzugtes Angelrevier ist, kenne ich einige Tücken vom See und vom Wetter. Dennoch Respekt, zumal meine späteste Angelsaison mal im September war, aber noch nie im skandinavischen Winter. Ich hatte mal das Vergnügen bei meinem ersten Besuch an diesem See 6 Zander - alle um die 60cm rum - binnen einer halben Stunde auf einer Stelle zu fangen. Das war wirklich ein Hot Spot.
 
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