Angelstories -  Freitag der 13.

Peter85

Weißfischfan
Frühling, schönes Wetter: Die Natur lockt. Gestern hatte ich endlich Zeit für eine gemütliche Nachmittags-Session an meinem Lieblingsfluss. Also nach der Arbeit Krempel in Kofferraum und ab ans Wasser.

Erst mal angekommen, stellte ich fest, dass sich nicht nur bei mir Frühlingsgefühle eingestellt hatten. Die Blesshühner balzten um die Wette, und veranstalteten Zeitweise ein Spektakel, dass das Wasser Schaumkronen schlug. Jungfische aus der Brut vom Vorjahr machten zu Hunderten die ruhigen Uferbuchten unsicher. Ein Schwanenpaar hatte sich einen Altarm als Kinderstube gewählt. Die Beiden haben ihr imposantes Nest mitten im Wasser auf einem halbversunkenen Baumstamm errichtet. Stolz saß die Mama auf ihrem Thron, und beäugte mich argwöhnisch im vorbeigehen.

Im März hatte ich eine gebrauchte Syntec Feeder XL erstanden. Diese Woche hatte ich die neuen Bibberspitzen dazu bekommen, und ich war schon sehr gespannt, wie sich die Rute bewähren würde. Ich wollte mich unter einer alten, weit übers Ufer ragenden Weide auf die Lauer legen. Ihre Äste waren gerade hoch genug um beim hantieren mit der Rute kein Kuddelmuddel zu riskieren, und boten dem Ziel meiner Begierde aufgrund der noch spärlichen Unterwasservegetation sicher willkommene Deckung. Vereinzelt aus dem Wasser ragendes Totholz ließ allerdings erahnen, dass der Gewässerboden hier ähnlich aussah, wie meine Garage vor dem Frühjahrsputz.

Ich wollte mein Glück auf Brassen versuchen. Ein paar dicke Rotaugen wären auch willkommen. Also kleine Rolle mit 20er Füllung ran, Vorfach mit Schlaufenmontage und ein paar Bleischrote als Laufblei montiert. Futterkorb oder Bodenblei wollte ich auf Grund der Hängergefahr nicht riskieren. 10er Haken mit zwei quirligen Rotwürmern bestückt und ab damit in die Fluten.

Entspannt saß ich auf dem Boden, mit dem Rücken an den Baumstamm gelehnt, machte die Beine lang, und genoss die Natur um mich rum und die Sonne auf der Haut. Die Rute hatte ich in Griffweite auf eine Astgabel abgelegt, so dass ich die Bibberspitze bequem im Blick hatte. Das macht für mich den Reiz unseres Hobbys aus: Diese einzigartige Mischung aus Entspannung und Spannung. Hier kann ich nach einer Stresswoche richtig auftanken!

Wie gut mochten meine Chancen auf einen Fisch Heute wohl sein? Der niedrige Wasserstand stach regelrecht ins Auge. Sicher ein guter Meter weniger als sonst um diese Jahreszeit. Der fehlende Schnee im Winter ließ das übliche Frühjahrshochwasser ausbleiben. Die trockene Witterung der letzten zwei Wochen tat ein Übriges. Irgend was ist echt schon anders mit unserem Klima, da kann man sagen was man will. Der böige Ostwind ließ sich auch schwer einschätzen, und zudem noch Freitag der 13. - naja, wer was drauf gibt ?! So saß ich da eine ganze Weile, halb vor mich hin philosophierend, halb in der Sonne dösend. Hin und wieder sah ich bei meinen Würmern nach dem Rechten. Sie schienen auf nebulöse Art und Weise immer wieder abhanden zu kommen :)

Schließlich wurde es mir mit den Nibblern doch zu blöd, und ich köderte versuchsweise zwei Maiskörner an. Vielleicht hatte ich damit ja mehr Glück. Und tatsächlich. Nach etwa 10 Minuten der erste richtig herzhafte Bibberer des Tages. Anhieb. Sitzt. Nach ein paar kräftigen ersten Rucken geht´s in gleichmäßigen, aber bestimmten Zügen ab Richtung Flussmitte. Oh oohhh...

Der Fisch stellt sich erst mal quer zur Strömung und lässt sich abtreiben. Zwei mal stelle ich die Bremse ein Stück strenger. Ohne sichtlichen Erfolg. Ich fange langsam an zu schwitzen. Sehr viel mehr wird meine 20er nicht hergeben! Das Biest zieht weiter Schnur ab. Sie spannt sich schon fast waagerecht von der Rutenspitze weg, hinaus in weite Ferne. Ich sehe auf der Spule bereits schwach den gelben Klebestreifen durchscheinen, mit dem ich immer mein Schnurende fixiere, als er endlich stehen bleibt. Verdammt, was tue ich jetzt? Das war bestimmt nicht die letzte Flucht. Es muss Schnur rein, wie auch immer! Ich fange an zu pumpen. Gott sei Dank lässt er sich das gefallen.

Ich brauche eine viertel Stunde, bis ich ihn auf 20 Meter da habe. Jetzt kommt er wieder zu Sinnen und steuert das gegenüberliegende Ufer an. Eine Sandbank ist im Weg. Durch den niedrigen Wasserstand muss er das erste Mal hoch und sich von mir ansehen lassen. Das gefällt ihm gar nicht. Er fängt an sich zu wälzen und zu scheuern. Der mords Buckel mit aufgespreizter Rückenflosse beruhigt mich in keiner Weise. Ein Karpfen ist´s, der sich meinen Mais krallen wollte. Hoffentlich scheuert er mein 18er Vorfach nicht durch!

Ich schnappe mit der linken Hand den bereitgelegten Kescher, und gebe dem Fisch langsam Schnur nach, indem ich mich flussabwärts bewege. Er nimmt das Angebot an, und ich kriege ihn von der Sandbank weg. Etwa 15 Meter noch, dann bin ich an der Mündung des Altarms. Die Wasserfläche ist hier offen und Hindernisfrei. Ich hoffe ihn überreden zu können hierher zu kommen. Er lässt mich noch mal pumpen, ist jetzt recht nah an der Strömungskante des Kehrwassers. Dann riecht er den Braten, oder hat mich gesehen, und reißt noch mal 30 Meter Schnur am Stück runter. Aber das ging diesmal schon zäher. Du wirst müde, Fisch!

Hoffnung keimt auf. Ich will wieder anfangen zu pumpen, aber er ist beleidigt und spielt toter Mann. Oder ist´s jetzt ein Hänger? Telegrafieren. Keine Reaktion. Ich bin gerade kurz davor mich mit einem Hänger abzufinden und meine Montage Petrus zu opfern, als nach geschlagenen zwei Minuten toter Hose wieder Leben in die Sache kommt. Ich pumpe wieder und kriege ihn auf 10 Meter ran. Verdammt, mein Arm tut weh. Ich lasse ihn austoben. Er wehrt sich jetzt in kurzen 5-Meter-Fluchten, hierhin und dorthin, schüttelt sich, der Haken hält. Meterweise hole ich ihn ran, immer wieder kurze Pause dazwischen.

Dann sehe ich plötzlich andere Schatten aus den tieferen Stellen auftauchen. Ein ganzer Pulk Karpfen. Sie verwechseln die müde gewordenen Fluchtversuche wohl mit Liebeswerben. Einige schließen sich dem Walzertanz an, der da vor meinen Augen unter Wasser abläuft. Ich hab so was schon erzählen hören, aber bis jetzt noch nie mit eigenen Augen gesehen! Langsam jetzt, nur nicht erschrecken. Widerwillig lässt er sich über den Kescher bugsieren.

Schließlich liegt nach knapp 30 Minuten ein strammer Milchner vor mir im Gras. Der Spiegler misst 67cm und bringt 13 ½ Pfund auf die Waage. Sicher, es gibt Größere, aber Wow: Was für ein Kampf! Meine kleine Quick Dura kreischt seitdem auf allen Rädern.
 
Petri Heil, zu diesen schönen Fisch, was will das Herz mehr. Ich war gestern auch und ich hatte nicht mal einen Biss, dafür hatte mein Nachbarsjunge auch einen schönen Karpfen von 48cm.
Gruß Michael
 
Schöner Bericht....sehr schön geschrieben, da kommt die Spannung richtig durch...

Noch ein Foto dazu, und er wäre perfekt...

Petri, Daniel
 
Was für ein Bericht :klatsch :respekt
Petri Heil, lässt sich prima lesen und ist einfach klasse geschrieben.
 
Peter Respekt.
Dein Bericht ist so was von Bildlich dargestellt ich hatte das Gefühl ich sei mit dir am Wasser gewesen. mein lieber Schwan der hat dir ja und auch der Rolle so einiges abverlangt. Hast es aber Klasse gemeistert. Wünsche dir weiterhin viel Petri Hreil und hoffe auf weitere Berichte von dir war schön sich mit dir zu freuen. Mach weiter so
 
Ein DICKES PETRI HEIL!! :klatsch

Schließe mich an, wirklich eine sehr spannende Geschichte! Wahrer Genuss sie zu lesen!

War gestern auch am Wasser, nach paar Brassen und Rotaugen bekam ich auch nen Karpfen an den Haken, leider ist der nach fünf Min. Drill, aufgrund meiner Ungeduld wieder vom Haken.

Ich wünsche Dir weiterhin solche spannende Drills und freue mich auf weitere Berichte! :respekt

Mit freundlichen Grüßen

Gregor
 
Zurück
Oben